Nachmieter – Grundsätzliches:
Immer wieder haben Mieter die Vorstellung, dass ihnen die Stellung eines Nachmieters helfen kann, aus einem Mietvertrag entlassen zu werden und Mieten zu sparen. Die Fragestellung „Nachmieter“ ist nach der Reform des Mietrechts zumindest für das Wohnraummietrecht an sich ohne praktische Relevanz, d. h. mit anderen Worten: Weder kann der Mieter einem Vermieter grundsätzlich einen Nachmieter aufzwingen noch erleidet der Vermieter Nachteile, wenn er einen solchen gestellten Nachmieter ablehnt.
Gleichwohl kann RA Reissenberger hier einen Fall mit einem Nachmieter präsentieren, der nach dem Grundsatz „keine Regel ohne Ausnahme“ dazu geführt hat, dass der Vermieter, der den vom Mieter gestellten Nachmieter nicht akzeptiert hatte, den Prozess verlor.
Nachmieter – Sachverhalt:
Wenn dem Vermieter wirksam ein Nachmieter durch den Mieter angeboten wird, hat der Vermieter keine Ansprüche wegen ausstehender Mieten, so ein Urteil des AG Dortmund. Der Fall berührt Themen aus dem Bereich des Zivilrechts, des Mietrechts mit Aspekten zum Bereicherungsrecht, der Negative Feststellungsklage gegen einen Schadensersatzanspruch und des Aufwendungsersatzanspruchs des Vermieters. Ferner geht neben der Nachmieter-Problematik auch um eine Kaution sowie den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters. Das AG Dortmund stellte fest im konkreten Nachmieter-Fall fest, dass keine Ansprüche des Vermieters wegen ausstehender Mieten gegen den Mieter bestehen, wenn der Mieter dem Vermieter wirksam einen Nachmieter angeboten hat.
Nachmieter – Urteil des Amtsgerichts Dortmund:
Az: 417 C 9860/11,
verkündet am 15.08.2012.
Amtsgericht Dortmund
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
der …, ges. vertr. d. …, diese ges. vertr. d. …, Bochum
– Klägerin und Widerbeklagte –
-Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt … Essen –
g e g e n
Herrn …, Dortmund
– Beklagten und Widerkläger –
-Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Reissenberger, Ostenhellweg 53, 44135 Dortmund-
hat das Amtsgericht Dortmund
auf die mündliche Verhandlung vom 15.08.2012
durch Richter …
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 214,80 € zu zahlen.
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 78 % und der Beklagte zu 22 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d: (Nachmieter-Fall) …
Der Beklagte war seit dem 01.02.2006 Mieter von der Klägerin innegehaltenen Wohnung im 1. Obergeschoss des Hauses …, Dortmund.
Der monatliche Mietzins betrug inkl. sämticher Vorauszahlungen 519,45 €.
Mit Schreiben vom 17.02.2011 kündigte der Beklagte das Mietverhältnis fristgemäß zum 31.05.2012.
Unstreitig entrichtete der Beklagte die Mieten für die Monate März 2011 bis Mai 2011 sowie die Nebenkostennachforderung für das Abrechnungsjahr 2010 nicht bzw. nicht in vollständiger Höhe.
Bezüglich der Einzelheiten des Mietrückstandes wird auf dem Mietkontoauszug vom 22.08.2011, Bl. 10 d. A., verwiesen.
Mit Schreiben vom 27.06.2011 rechnete die Klägerin die Betriebskosten für das Jahr 2010 ab.
Die Abrechnung endete mit einer Nachforderung von 97,08 €.
Am 10.03.2011 fand sodann eine Vorabnahme der Wohnung statt.
Bei dieser Abnahme war auch eine Interessentin für die Wohnung, Frau …, zugegen. Diese Wohnungsvorabnahme bestätigte die Klägerin mit Schreiben vom 11.03.2011. Ferner teilte der Beklagte der Klägerin unter dem 16.02.2011 und den 22.02.2011 auf den entsprechenden Vordrucken der Klägerin die Wohnungsinteressenten … und … mit.
Unstreitig kam mit der Interessentin Frau … ein Mietvertrag über die streitgegenständliche Wohnung nicht zustande, nachdem Frau … mit Schreiben vom 23.03.2011 zunächst eine entsprechende Willenserklärung die Übernahme der Wohnung abgegeben hatte.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 04.04.2011 wurde die Klägerin nochmals aufgefordert, einen der aufgezeigten Nachmieter zu übernehmen.
Zu einem Vertragsabschluss ist es vor dem 31.05.2011 jedoch nicht gekommen. Die Klägerin behauptet, dass Miet- und Betriebskostenrückstände in Höhe von 842,10 € bestünden. Dabei sei auch die Kaution in Höhe von 779,46 € bereits berücksichtigt worden.
Ferner sei die Behauptung des Beklagten, am 01.03.2011 bzw. den 01.04.2011 hätte eine Neuvermietung erfolgen können unzutreffend. Denn die Formulare zur Nachmieterwerbung seien erst am 16.02.2011 bzw. 22.02.2011 unterschrieben worden. Selbst wenn einer der beiden genannten Interessenten berücksichtigt worden wäre, wäre es unmöglich gewesen, zum 01.03.2011 einen unterschriebenen Mietvertrag zu erhalten. Allein der Postweg hätte länger als bis zum 01.03.2011 gedauert. Im Übrigen hätte zunächst eine Prüfung der Mietinteressenten vorgenommen werden müssen.
Ferner habe der Beklagte ihr lediglich Namen der behaupteten Nachmieter genannt.
Nachdem die Klägerin ihre Klage in Höhe von 1.000,00 € zurückgenommen hat, beantragt sie nunmehr, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 824,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Widerklagend beantragt der Beklagte, die Klägerin zu verurteilen, dem Beklagten die Kaution in Höhe von 779,46 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.10.2011 zu zahlen.
Die Klägerin beantragt, die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte bestreitet die Richtigkeit der Heizkostenabrechnung sowie der Betriebskostenabrechnung dem Grunde und der Höhe nach.
Ferner ist der Beklagte der Ansicht, dass auch die von der Klägerin vereinnahmte Kaution an ihn, den Beklagten, zu erstatten sei. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin …. Bezüglich der Einzelheiten wird auf das Stzungsprotokoll vom 15.06.2012, Bl. 51 ff. d. A., verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e (Nachmieter-Fall):
Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
Die Widerklage ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung rückständiger Mieten und Nebenkosten in Höhe von 824,10 € gemäß § 535 Abs. 2 BGB nicht zu.
Soweit der Beklagte die Richtigkeit der Heiz- und Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2010 moniert, war diese Einwendung unerheblich.
Der Beklagte hat lediglich pauschal die Richtigkeit dem Grunde und der Höhe nach bestritten und sich auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens berufen. Damit wird der Beklagte seiner Darlegungslast jedoch nicht gerecht. Der Beklagte hätte sich vielmehr im Detail gegen einzelne Positionen der Heiz- und Betriebskostenabrechnung mit entsprechender Begründung zur Wehr setzen müssen. Sein pauschales Bestreiten reicht daher nicht aus. Die Forderung in Höhe von 824,10 € ist jedoch um zwei Monatsmieten in Höhe von jeweils 519,45 € zu reduzieren. Ausweislich Bl. 72 und 73 d. A. hatte der Beklagte der Klägerin die Interessenten … und … für eine mögliche Weitervermietung der Wohnung benannt. Auf diese Formulare nimmt die Klägerin ausdrücklich in Ihrem Schriftsatz vom 21.03.2012, Bl. 40 d. A., Bezug. Daher ist der Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 27.06.2012, in dem sie in Abrede stellt, Adressen, Telefonnr. oder bereitgehaltene Formulare erhalten zu haben, widersprüchlich und daher unerheblich.
Auch in der mündlichen Verhandlung vom 15.06.2012, Bl. 51 d. A., hatte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin klargestellt, dass zwar weitere Nachmieter genannt worden seien, entsprechende Willenserklärungen jedoch nicht vorgelegen hätten.
Das Gericht ist der Auffassung, dass die Klägerin die Mieten für die Monate April und Mai 2011 nicht begehren kann, da sie nicht dargelegt hat, aus welchem Grund ein Vertrag mit den auf Bl. 72 und 73 d. A. benannten Interessenten nicht zustande gekommen ist.
Das Gericht verkennt nicht, dass die grundsätzliche Darlegungs- und Beweislast für den Umstand, dass ein Vertrag mit einem Ersatzmieter zustande gekommen wäre, auf Seiten des Mieters, die des Beklagten, liegt (vgl. Blank/Börstinghaus, § 542 Rdziff. 187).
Nach der Kommentierung ist von dieser grundsätzichen Beweislast jedoch eine Ausnahme zu machen, wenn der Vermieter selbst mit dem Interessenten Kontakt aufnimmt. Zwar ist eine konkrete Kontaktaufnahme im hiesigen Verfahren nicht dargelegt.
Aus dem von der Klägerin zur Verfügung gestellten Formular, Bl. 72 d. A., ergibt sich jedoch, dass nach Benennung eines Interessenten der Klägerin in eigener Initiative Kontakt mit dem Interessenten aufnimmt.
Daher liegt auch im vorliegenden Fall die Darlegungs- und Beweislast auf Seiten der Vermieters, hier die Klägerin. Die Klägeirn hat jedoch auch innerhalb der nachgelassenen Schriftsatzfrist keine Angaben dazu gemacht, ob mit dem Interessenten Kontakt aufgenommen wurde und aus welchem Grund ein Vertragsschluss nicht zustande gekommen ist. Vielmehr beruft sie sich in ihrem Schriftsatz vom 27.06.2012 darauf, dass Adressen, Telefonnr. bzw. die bereit gehaltenen Formulare nicht genannt bzw. abgegeben worden seien. Dieser Vortrag ist – wie vorstehend ausgeführt – widersprüchlich und daher nicht zu berücksichtigen. Es ist daher im Ergebnis nicht auszuschließen, dass bei entsprechender Initiative durch die Klägerin ein Vertragsschluss zustande gekommen wäre.
Da die Klägerin trotz der bei ihr liegenden Beweistlast in dieser Hinsicht der Sache nicht weiter vorgetragen hat, kann sie die Mieten für die Monate nicht verlanden, in denen eine Weitervermietung möglich gewesen wäre. Das Gericht geht – auch in Anbetracht der glaubhaften Aussage der Zeugin … – davon aus, dass eine Weitervermietung frühestens zum 01.04.2011 möglich gewesen wäre. Denn dier Klägerin ist in jedem Falle eine angemessene Überprüfungsfrsit einzuräumen.
Daher kann sich die Klägerin im Ergebnis nicht auf die Mietforderungen für die Monate April und Mai 2011 berufen. Die Klage unterlag daher der Abweisung. Die Widerklage ist hingegen nur in Höhe von 214,80 € begründet. Wird von dem rechnerisch korrekten Rückstand in Höhe von 824,10 €, in dem bereits die Kaution über 779,46 € berücksichtigt ist, ein Betrag in Höhe von zwei Monatsmieten á 519,45 € subtrahiert, so ergibt sich zugunsten des Beklagten ein überschüssiger Betrag in Höhe von 214,80 €. Dieser Betrag ist dem Beklagten auf seine Widerklage zuzusprechen. Im Übrigen ist die Widerklage jedoch unbegründet. Soweit der Beklagte mit der Widerklage Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.10.2011 begehrt, ist nicht ersichtlich und vorgetragen, unter welchem Gesichtspunkt dieser Zinsbeginn begründet sein dürfte. Aus diesem Grund war auch der Zinsanspruch im Rahmen der Widerklage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.