Kurzzeittarif – vorläufige Deckung:
Ein Kurzzeittarif ist ein besonders teurer Tarif im Rahmen einer sog. Vorläufigen Deckung im Versicherungsrecht im Bereich der Kfz-Versicherung. Der Kurzzeittarif betrug hier 20,00 €/Tag.
Kurzzeittarif – Ausgangssachverhalt:
RA Reissenberger legte gegen ein Urteil des AG Dortmund, in welchem ein Taxi-Unternehmen auf die Klage der Versicherung verurteilt worden ist, für die Gewährung von Versicherungsschutz als Kurzzeittarif im Rahmen einer Kraftfahrthaftpflichtversicherung eines Pkw VW-Touran mit einer Laufzeit von nur 6 Monaten 3.360,00 € Versicherungsprämien zu zahlen, obwohl die Prämie ohne Kurzzeittarif normal nur 6 x 192,00 € = 1.152,00 € betragen hätte und das Taxi-Unternehmen bereit gewesen wäre, diesen Betrag bei entsprechender Abrechnung durch die Versicherung zu bezahlen. Hinzu kam noch, dass insgesamt 3 Prozesse gleichzeitig zwischen den Parteien mit der Problematik Kurzzeittarif anhängig waren, weil der zwischenzeitlich verstorbene Makler des beklagten Taxiunternehmens mehrere Pkw bei der klägerischen Versicherung anmeldete und die Einzelheiten wegen des Todes des Maklers bei dem Taxiunternehmen unbemerkt blieben.
Das Taxi-Unternehmen konnte sich aufgrund der Berufung vollumfänglich gegen die Versicherung durchsetzen. Das Landgericht Dortmund folgte den einzelnen Argumenten aus der Berufung vollständig, wie man den Hinweisen des Landgerichts entnehmen kann. Aus diesem Grunde erklärte sich die Versicherung bereit, nur noch eine Prämie in Höhe von 1.100,00 € zu akzeptieren, die das Taxiunternehmen ohnehin angeboten hatte. Zu den Einzelheiten:
Kurzzeittarif – Berufungsschrift:
„In dem Rechtsstreit
der … GmbH, vertr. d. d. GF … Dortmund,
-Beklagte und Berufungsklägerin-
-Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Sven Reissenberger, Ostenhellweg 53, 44135 Dortmund-
g e g e n
die … Versicherung AG, vertr. d. d. Vorstand, dieser wiederum vertr. d. d. Vorstandsvorsitzenden Herrn Dr. …
-Klägerin und Berufungsbeklagte-
-Prozessbevollmächtigte der 1. Instanz: Rechtsanwälte … Essen-
Az. 1. Instanz: Amtsgericht Dortmund, 405 C 11057/14
Beschwer: 3.360,00 €
lege ich hiermit namens der Beklagten und Berufungsklägerin gegen das am 09.11.2015 verkündete und am 12.11.2015 zugestellte Urteil des Amtsgerichts Dortmund, Az.: 405 C 11057/14,
Berufung
ein und begründe diese wie folgt:
Kurzzeittarif – Berufungsanträge:
- Das am 09.11.2015 verkündete und am 12.11.2015 zugestellte Urteil des Amtsgerichts Dortmund, Az.: 405 C 11057/14, wird aufgehoben und an die erste Instanz zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen; sowie hilfsweise
- Das am 09.11.2015 verkündete und am 12.11.2015 zugestellte Urteil des Amtsgerichts Dortmund, Az.: 405 C 11057/14, wird abgeändert und die Klage wird abgewiesen;
- Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Eine Kopie des erstinstanzlichen Urteils sowie zwei beglaubigte Abschriften sind beigefügt.
Kurzzeittarif – Berufungsbegründung:
Begründung:
Das Amtsgericht Dortmund hat zu Unrecht dem Klageantrag stattgegeben.
Das Urteil wird daher in vollem Umfange in die Überprüfung des Berufungsgerichts gestellt.
Das Gericht geht zu Unrecht davon aus, dass die Forderung der Klägerin im geltend gemachten Umfang entstanden und berechtigt ist.
Kurzzeittarif – der maßgebliche Sachverhalt und das angegriffene amtsgerichtliche Urteil 405 C 11057/14:
I.
Das Amtsgericht geht davon aus, dass zwischen den Parteien ein Vertrag über eine vorläufige Deckung geschlossen worden sei. Durch die Zulassung des Taxis mit dem amtl. Kennzeichen DO-…, dessen Halterin die Beklagte ist, soll mit der Versicherungsbestätigung der Klägerin ein Vertrag über die vorläufige Deckung zwischen den Parteien geschlossen worden sein.
Des Weiteren hätten die Parteien konkludent vereinbart, dass für den Fall des Zustandekommens des Hauptvertrages eine Prämie für die vorläufige Deckung zu zahlen ist.
Eine solche Vereinbarung kann auch konkludent geschlossen werden. Das Gericht stellt zutreffenderweise grundsätzlich auf § 50 VVG ab. Sie hält jedoch § 50 VVG für abdingbar. Zwar geht auch das Gericht davon aus, dass der Prämienanspruch pro rata temporis nach der Prämie zu bestimmen sei, die bei Zustandekommen des Hauptvertrages für diesen zu zahlen wäre. Gleichwohl hält das Gericht aber auch eine abweichende Vereinbarung der Vertragspartner für zulässig. Das Gericht geht davon aus, dass eine derartige Vereinbarung zwischen den Parteien geschlossen worden sei. Dabei stützt sich das Gericht auf die Klausel AV B und Ziffer C.6.4 der AGB der Klägerin. Diese verhältnismäßige Abgeltung nach dem Grundsatz pro rata temporis sei hier zu Gunsten der Klägerin abbedungen worden. Eine Vereinbarung von 20,00 € für jeden Tag der Laufzeit sei als höherer Kurzzeittarif zulässig.
Es sei auch unter dem Gesichtspunkt des Transparenzgebotes ausreichend, wenn die Höhe der geschuldeten Prämie den AKB entnommen werden könne. Das sei hier der Fall. Die AKB-Vorschrift sei auch hinreichend bestimmt.
Des Weiteren lässt das Gericht hier Erwägungen zur Risikospähre einfließen. Sie wirft der Beklagten u. a. vor, das Taxiunternehmen habe selbst nicht zeitnah reagiert und meint, die Beklagte habe schlicht die Leistungen der Klägeri „unentgeltlich” in Anspruch genommen. Hier hätte es der Beklagten oblegen, tätig zu werden. Es könne sie auch nicht entlasten, dass der Versicherungsmakler der Beklagten zwischenzeitlich verstorben ist. Das entbinde die Beklagte nicht, einen Hauptvertrag über die Kfz-Haftpflichtversicherung bei der Klägerin oder einem anderen Versicherer abzuschließen oder zur Regelung der Zeit der vorläufigen Deckung Kontakt mit der Klägerin aufzunehmen.
Die Entscheidung wird vollumfänglich zur Überprüfung gestellt.
Die Ausführungen des Gerichts sind nicht stichhaltig.
Kurzzeittarif – die einzelnen Einwendungen gegen das angegriffene amtsgerichtliche Urteil:
II.
Dem Gericht sind folgende Fehler anzulasten, die sich auf die Entscheidung ausgewirkt haben, so dass es zu einer Verurteilung der Beklagten gekommen ist.
Kurzzeittarif – 1. Einwand, fehlende Tatbestandsvoraussetzungen zur Anwendung des Kurzzeittarifs:
1.
Das Gericht hat bereits verkannt, dass die Voraussetzungen in den AKB der Klägerin nicht vorgelegen haben, um von dem an sich zutreffenden anzuwendenden Grundsatzes pro rata temporis aus § 50 VVG abzuweichen.
Ein Abweichen nach den AKB der Klägerin ist überhaupt nur dann möglich, wenn der Klägerin nicht möglich ist, den entsprechenden Hauptvertrag zu bewerten bzw. wenn ihr Vertragsdaten der Beklagten und des zu versichernden Pkw nicht vorliegen. Hier ist dargelegt und unter Beweis gestellt worden, dass der in Rede stehende Pkw mit dem amtl. Kennzeichen DO-… … einen VW Touran darstellt, der bis zum Vertragsbeginn bei der Beklagten bei der … Versicherung für einen monatlichen Betrag in Höhe von 182,53 € versichert gewesen sei. Nach der Versicherung bei der Klägerin sei der Pkw im Rahmen eines Flottentarifs mit 192,00 € im Monat versichert gewesen.
Diese Daten hätten ohne Weiteres von der Klägerin zugrundegelegt werden können. Die Klägerin blockte hier. Diese Daten sind einerseits zugänglich gewesen, andererseits hätte die Klägerin darlegen müssen, weshalb sie anhand dieser Daten und der Mitteilung des Vorversicherers nicht in der Lage war, den Vertrag pro rata temporis abzurechnen. Das ihr dies anhand der Daten möglich war, wird unter
Sachverständigenbeweis
gestellt. Dies wird das Amtsgericht nachzuholen haben. Auf diesem Fehler beruht das Urteil.
2.
Die Art und Weise des Zustandekommens des Versicherungsvertrages zwischen den Parteien war bestritten worden. Das Bestreiten mit Nichtwissen wird aufrechterhalten. Die Beklagte wurde seinerzeit durch den verstorbenen Versicherungsmakler Karl-Heinz Wächter vertreten. Wenn es der Beklagten möglich gewesen wäre, wäre sie ohne Weiteres an die Klägerin herangetreten. Es ist nicht angezeigt, der Beklagten vorzuhalten, sie habe Leistungen der Klägerin „unentgeltlich in Anspruch genommen”, wie es auf Bl. 6 des Urteils heißt.
Die Beklagte möchte hier nichts unentgeltlich in Anspruch genommen wissen. Die Klägerin hat jedoch nach dem Gesetz und nach den eigenen AKB in erster Linie pro rata temporis die Vertragslaufzeit der vorläufigen Deckung abzurechnen. Erst wenn das nicht möglich ist, kann sie nach ihren eigenen AKB subsidiär höhere Kurztarife ansetzen. Inwiefern diese verhältnismäßig sind, dazu wird später noch ausgeführt werden.
So ist jedoch die Klägerin nicht vorgegangen. Sie hat jegliche Darlegung dazu vermissen lassen, welche Daten ihr vorgelegen haben und warum diese nicht ausreichend gewesen seien, einen Tarif pro rata temporis abzurechnen. So kann es nicht gehen. Dies war ihr ohne weiteres anhand der oben genannten Daten möglich. Aus diesem Grunde liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für den Ansatz eines erhöhten Kurzzeittarifes von 20,00 € pro Tag nicht vor.
Beweis: Sachverständigengutachten.
Auf diesem Fehler beruht das Urteil.
Kurzzeittarif – 2. Einwand, fehlende Transparenz bei Anwendung Kurzzeittarif:
3.
Sämtliches Vorbringen der Klägerin ist im Übrigen unter Berufung auf ihre AKB auch dem Vorwurf der Intransparenz ausgesetzt.
Die Klägerin ist für den Vertragsschluss und die Details des Vertragsschlusses und die konkreten Vereinbarungen darlegungs- und beweisbelastet.
Hierfür ist bisher nichts dargelegt worden. Das Gericht geht bisher lediglich davon aus, dass hier ein Vertrag vorliegen muss. Entsprechende Dokumente und Einzelheiten, wie der Vertrag zustandekommen solle, wurden in keiner Weise vorgelegt.
Wendet man sich nun den AKB der Klägerin im Detail zu, so ergibt sich folgendes:
Aus den AKB ergibt sich unter Punkt B.2.8, dass die Klägerin für den Zeitraum des vorläufigen Versicherungsschutzes einen Anspruch auf einen der Laufzeit entsprechenden Beitrages hat.
Lediglich aus dem nachfolgenden Punkt B.2.9 ergibt sich, dass die Klägerin berechtigt sein soll, wenn sie den anteiligen Beitrag wegen fehlender Angaben nicht nach ihrem Tarif berechnen könne, dass sie dann eine Berechnung nach Punkt C.6.4 vornehmen dürfe. Insoweit wird auf Punkt C.6.4 verwiesen. Die dortige Klausel ist jedoch unwirksam, da sich weder aus den AKB selbst noch in sonstiger Form hinreichend bestimmen lässt, wann die Klägerin nicht in der Lage sein soll, den „anteiligen Betrag wegen fehlender Angaben … nach unserem Tarif berechnen können”.
Hier ist nicht ersichtlich, welche konkreten Angaben nicht ausreichend sein sollen, wie das „Nichtkönnen” zu bemessen ist, und wann bzw. wie diese Angaben nachgereicht werden können.
Alles dies ist zu unbestimmt, untransparent und ein Beitrag von 20,00 €/Tag ist darüber hinaus für sich gesehen unverhältnismäßig. Die Prämie, die die Klägerin beansprucht, beläuft sich auf rund 610,00 € im Monat und liegt damit mehr als über 300 % über der tatsächlich hier maßgeblichen Prämie von 183,53 € im Monat.
Beweis: Sachverständigengutachten.
Auf alles dies geht das Gericht nicht ein. Das Gericht schreibt lediglich auf Bl. 5 im 5. Absatz, auch unter dem Gesichtspunkt des Transparenzgebotes sei es ausreichend, wenn die Höhe der geschuldeten Prämie den AKB entnommen werden könne. Dies mag grundsätzlich so sein. Entgegen der dortigen vom Gericht zitierten Quelle des Prölls/Martin hat aber Prölls/Martin keine Entscheidung zu diesem konkreten Fall getroffen. Die hier konkret in Rede stehende Klausel ist in der Form, wie sie hier dargelegt und zitiert worden ist, unbestimmt und untransparent. Hierauf ging das Amtsgericht nicht ein. Auf diesem Fehler beruht das Urteil.
Kurzzeittarif – 3. Einwand, Unverhältnismäßigkeit Kurzzeittarif:
4.
Daraus resultiert letztlich auch der nächste Einwand.
Kurzzeittarif – auch das AG Dortmund, Abteilung 431 C 6761/14 hält Kurzzeittarif für unangemessen:
Insoweit wird auf das parallel dazu ergangene Urteil des AG Dortmund zum Az. 431 C 6761/14, Anlage B 1, vom 12.06.2015, verwiesen. Das Amtsgericht hat zwar die dortige Beklagte verurteilt, jedoch nur zu einem geringen und im Ergebnis möglicherweise angemessenen Satz, da der Verurteilungsbetrag möglicherweise auf eine pro rata temporis-Prämie hinausläuft. Überträgt man die insoweit zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts Dortmund der Abteilung 431 C, so würde die Klage zum ganz überwiegenden Teil abgewiesen werden. Im dortigen Bezugsfall geht das Gericht davon aus, dass es aus der Sicht der Abteilung 431 C lediglich eine einzige seriöse Frage gäbe, nämlich die, ob die Klägerin, die mit der hiesigen Klägerin identisch ist, für die Versicherungszeit von 72 Tagen den in den AKB festgeschrieben Betrag von 20,00 € pro Tag verlangen könne.
Das Gericht ging in dem Fall dort aus, dass es wegen fehlender Angaben keinen anderen Tarif berechnen konnte. Dies ist hier anders, wozu bereits oben ausgeführt wurde. Unterstellt man jedoch diese Annahme, dann ist das amtsgerichtliche Urteil gleichwohl bemerkenswert.
Kurzzeittarif – Begründung des AG Dortmund, Abteilung 431 C 6761/14 zum Kurzzeittarif:
Das Gericht führt dabei wie folgt aus:
„Es steht somit zunächst einmal fest, dass es die Beklagte in erster Linie ist, die durch schwerwiegendes Verschulden gegen eigene Interessen versäumt hat, den Vertrag über die vorläufige Deckung in einen allgemeinen Versicherungsvertrag zu überführen, so bleibt gleichwohl festzuhalten, so dass auch der Klägerin ein schwerwiegender Vorwurf zu machen ist. Sie hat nämlich den Versicherungsvertrag über den vorläufigen Deckungsschutz einfach weiterlaufen lassen ohne die Beklagte auf irgendeine Art und Weise, z. B. durch eine Prämienrechnung mit dem Inhalt „20,00 € pro versicherter Tag” drauf hinzuweisen, dass dies aller Voraussicht nach für die Beklagte zu einer wirtschaftlich äußerst ungünstigen Situation führte. Die Klägerin wusste ganz genau, dass nach den AKB eine Tagesprämie von 20,00 € anfielen, was für eine kurze Zeit angemessen sein mag, nicht jedoch für einen längeren Zeitraum, der vorliegend streitigen Art. Wenn die Klägerin erkennt, dass ein Versicherungsnehmer, der nur über einen Versicherungsvertrag bzgl. des vorläufigen Deckungsschutzes verfügt, sich einerseits nicht darum kümmert, dieses Versicherungsverhältnis in ein allgemeines Versicherungsverhältnis zu überführen, dann ist sie aufgrund ihrer allgemeinen Nebenpflichten nach § 241 BGB verpflichtet, den Versicherungsnehmer auf sein Versäumnis hinzuweisen. Sie muss nämlich und wird nach Auffassung des erkennenden Gerichts regelmäßig auch damit rechnen, dass der Versicherungsnehmer entweder die Beantragung des ordentlichen Versicherungsschutzes versäumt hat oder aber nicht weiß, dass dieses Versäumnis erhebliche wirtschaftliche Nachteile mit sich bringen kann. Sie muss auch damit rechnen, dass ein Versicherungsrechner, Makler auch gewerblich mit Fahrzeugen zu tun haben, nicht immer bekannt ist, dass hierfür 20,00 € pro versicherten Tag anfallen.
Wenn folglich das Versicherungsunternehmen bei der Übermittlung der Erklärung über die vorläufige Deckung an den Versicherungsnehmer nicht ausdrücklich und an hervorgehobener Stelle darauf hinweist, dass bei einer Versäumung der Überführung das Vorliegen des Versicherungsschutzes in eine ordentliche Versicherung 20,00 € Versicherungsprämie pro Tag drohen, also im Jahr ca. 7.300,00 € Versicherungsprämie anfallen, da muss das Versicherungsunternehmen spätestens nach Ablauf eines Monats ab Zulassung des Fahrzeuges des Versicherungsnehmer darauf hinweisen, dass ihm diese Rechtsfolge droht, wenn er nicht die für einen ordentlichen Versicherungsvertrag notwendigen Vertragsdaten übermittelt. Diese Frist orientiert sich an den 2 Wochenfristen der §§ 33 und 38 VVG, innerhalb derer der Versicherungsnehmer seine Prämienzahlungspflicht erfüllen muss. Es kann von der Versicherung verlangt werden, dass sie spätestens nach ca. 1 Monat tätig wird und zumindest mit einer Prämienrechnung dem Versicherungsnehmer deutlich macht, was auf ihn zukommt, wenn er nicht endlich durch konkrete Angaben zum gewünschten Versicherungsverhältnis für eine Überleitung des vorläufigen Deckungsschutzes in den allgemeinen Deckungsschutz sorgt.
Diese Pflicht hat die Klägerin nicht erfüllt sondern vielmehr – was zwischen den Parteien unstreitig ist – sich überhaupt nicht mehr an den Beklagten gewandt, als das Versicherungsverhältnis in den vorläufigen Deckungsschutz noch lief.
Das Gericht geht davon aus, dass der Beklagte auf einen entsprechenden Hinweis der Klägerin durch ein der Aufklärungspflicht der Klägerin entsprechendes Verhalten reagiert und den Vertrag in einen ordentlichen Vertrag überführt hätte. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge wäre dies aller Voraussicht nach in insgesamt etwa 45 Tagen geschehen. Wenn einem nämlich nach etwa einem Monat mitgeteilt wird, dass man schon für den abgelaufenen Monat eine Versicherungsprämie von 600,00 € verbraucht hat, dann wird selbst der Sorgloseste sich dazu bequemen, nunmehr schleunigst einen Versicherungsvertrag zu günstigen Bedingungen abzuschließen. Es hätte vorliegend zur Folge gehabt, dass die Beklagte für die erste 45 Tage 900,00 € Versicherungsprämie hätte zahlen müssen. Für die weiteren 27 Tage muss das Gericht abschätzen, wieviel Prämie die Beklagte wohl gezahlt hätte, wenn es zum Abschluss eines ordentlichen Versicherungsvertrages gekommen wäre. Da auch insoweit die Beklagte hier bis heute nicht ausreichend dargelegt hat, zu welchem konkreten Vertragsschluss es wohl gekommen wäre, kann das Gericht nur eine entsprechende Mindestschadenschätzung vornehmen, wobei es (es geht vorliegend um einen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin) nur den nach den dürren Angaben dem Beklagten schätzbaren Mindestschaden festlegen kann. Das Gericht hat die Minimalangaben der Beklagtenseite (VW Touran 105 PS) mit der Vermutung der Klägerin, dass das Fahrzeug gewerblich genutzt worden sei kombiniert und unter Verwendung eines Tarifrechners eine Jahresprämie von ca. 2.030,00 € errechnet, wobei mangels weiterführender Angaben der insoweit darlegungspflichtigen Beklagtenseite ein erwachsener Fahrer angesetzt sowie von einer jährlichen Kilometerleistung von 30.000 Kilometern und von dem Tarifsatz von 140 % ausgegangen worden ist, weil die Beklagte nichts aber auch gar nichts dazu vorgetragen hat, welchen Schadensfreiheitsrabatt von welchem anderen eventuell abgemeldeten Fahrzeug man für die Berechnung der Versicherungsprämie heranziehen kann.”
Beweis: Urteil des AG Dortmund zum Az. 431 C 6761/14, Anlage B 1.
Aus alle dem ergab sich, dass das Gericht dazu kam, dass die Klägerin lediglich für 45 Tage und eine entsprechende weitere Zeit eine Versicherungsprämie pro rata temporis hätte geltend machen können.
Überträgt man diesen Wert auf den hiesigen Prozess, so muss man feststellen, dass die Klägerin dieses Prozesses mit 3.360,00 € nahezu den dreifachen Wert in Ansatz gebracht hatte und hier ein halbes Jahr an Prämien auf der Basis des erhöhten Kurzzeittarifes geltend gemacht hat.
Dies ist unverhältnismäßig und ein Verstoß gegen die eigene Schadensminderungspflicht.
Dem Amtsgericht Dortmund zur Abteilung 431 C ist in jedem Falle dahingehend zu folgen, dass hier ein Korrektiv durch die Klägerin hätte erfolgen müssen. Denkt man weiter, dass der Zeitraum noch länger hätte andauern können, so wäre jemand bei diesen aufgelaufenen Prämien in Existenzgefährdung geraten.
Aus diesem Grunde ist hier auch eine Unverhältnismäßigkeit gegeben.
Auf diesem Fehler beruht das Urteil.
Kurzzeittarif – Bezugnahme auf die Ausführungen 1. Instanz:
III.
Im Übrigen wird vorsorglich auf das gesamte Vorbringen in der 1. Instanz einschließlich aller Beweisantritte Bezug genommen und zum Gegenstand dieses Schriftsatzes gemacht.
Reissenberger
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht“
Kurzzeittarif – zum Vergleich des Landgerichts Dortmund:
Abschrift
Öffentliche Sitzung Dortmund, 6. Oktober 2016
2. Zivilkammer
des Landgerichts Dortmund
-2 S 50/15‑
G e g e n w ä r t i g :
Vorsitzender Richter am Landgericht …
als Vorsitzender,
Richterin am Landgericht …,
Richterin am Landgericht …
als beisitzende Richterinnen,
ohne Hinzuziehung eines Protokollführers.
In dem Rechtsstreit
… GmbH
g e g e n
… Versicherung AG
erschienen bei Aufruf der Sache:
1) für die Beklagte und Berufungsklägerin Rechtsanwalt Reissenberger,
2) für die Klägerin und Berufungsbeklagte Frau Rechtsanwältin … .
Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert.
Den Parteien wurden folgende Hinweise erteilt:
Kurzzeittarif – die Hinweise des Landgerichts Dortmund:
Kurzzeittarif – die Anspruchsgrundlage für die Versicherung:
Anspruchsgrundlagen sind die Regelungen 8.2.8 und 8.2.9 sowie C.6.4 der AKB der Klägerin.
Kurzzeittarif – Vertrag über die vorläufige Deckung:
Zwischen den Parteien ist ein Versicherungsvertrag über eine vorläufige Deckung in der Haftpflichtversicherung für den hier streitgegenständlichen Pkw VW Touran DO- … … zustande gekommen, allein indem die Beklagte das Fahrzeug mit der ihr von der Klägerin mitgeteilten Versicherungsbestätigungsnummer zugelassen hat (Lehmann in Versicherungshandbuch, § 7 Rn 12, Langheid/Rixecker, § 49 Rn 5). Unklar ist, was die Beklagte in diesem Zusammenhang mit Nichtwissen bestreiten will.
Es ist unstreitig, dass sie den Pkw zugelassen hat. Dafür benötigt sie nach § 23 FZV eine Versicherungsbestätigung. Wenn sie diese nicht von der Klägerin erhalten haben sollte, dann mag sie konkret darlegen, von welchem anderen Versicherer. Unerheblich ist der handelnde Makler. Gemäß § 49 Abs. 2 VVG gelten die von dem Versicherer üblicherweise verwendeten Versicherungsbedingungen, hier unstreitig die streitgegenständlichen AKB.
Kurzzeittarif – Versicherung hat grundsätzlichen Anspruch nach § 50 VVG:
Die Klägerin hat nach B.2.8 AKB Anspruch auf einen der Laufzeit entsprechenden Teil des Betrages. Diese Regelung entspricht § 50 VVG und ist zweifellos wirksam. Zur Berechnung der Prämie für den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag über die vorläufige Deckung haben die Parteien nicht hinreichend vorgetragen. Die Klägerin hat schon nicht vorgetragen, welche Angaben sie benötigt und ob und gegebenenfalls wann und wie sie danach gefragt hat.
Kurzzeittarif – Versicherung hat keinen Anspruch nach den AKB B.2.9 und C.6.4 AKB auf einen Kurzzeittarif von 20,00 €/Tag:
Aus B.2.9 und C.6.4 AKB kann die Klägerin nach derzeitigem Sach- und Streitstand keinen Prämienanspruch in Höhe von 20,00 € täglich herleiten, weil die Anspruchsvoraussetzungen nicht vorliegen. Die Anspruchsvoraussetzungen sind durch Auslegung zu ermitteln. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an.
Kurzzeittarif – die einzelnen (hier nicht vorliegenden) Tatbestandsvoraussetzungen:
Anspruchsvoraussetzung ist, dass die Klägerin ihren Tarifbeitrag wegen fehlender Angaben nicht berechnen kann. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer versteht diese Regelung insbesondere im Hinblick auf die drastische Rechtsfolge in C.6.4‚ nämlich eine Jahresprämie in Höhe von 7.300,00 € (365 Tage x 20,00 €) dahin, dass sich der Versicherer vergeblich im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren darum bemüht haben muss, alle von ihm benötigten Daten von dem Versicherungsnehmer zu erhalten. Die Berechnung muss dem Versicherer unmöglich sein. Dies ist nicht schon dann der Fall, wenn ihm durch seine Untätigkeit nicht alle notwendigen Tatsachen bekannt sind. Erst wenn fest steht, dass der Versicherer die notwendigen Daten nicht ermitteln kann, ist ihm die Berechnung des Tarifbeitrages unmöglich. Unkenntnis allein reicht dafür nicht (ebenso AG Bernkastel-Kues, 4a C 372/15, Urteil vom 11.03.2016, bei juris Rn 11). Da die Klägerin die Beklagte nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht nach den Merkmalen zur Beitragsberechtigung gefragt hat, kann sie die Prämie auch nicht nach B.2.9 und C.6.4 ihrer AKBs berechnen.
Kurzzeittarif – der Kurzzeittarif wäre auch unverhältnismäßig:
Nur am Rande: Die Regelungen in B.2.9 und 0.6.4 der AKB der Klägerin wären wegen unangemessener Benachteiligung ihrer Versicherungsnehmer unwirksam, wenn die Klägerin ohne Nachfrage und Hinweis auf die Rechtsfolgen eine zeitanteilige fiktive Jahresprämie in Höhe von 7.300,00 € verlangen könnte.
Kurzzeittarif – der Kurzzeittarif wäre auch Ausdruck des Rechtsmissbrauchs der Versicherung:
Die Klägerin würde missbräuchlich Eigeninteressen auf Kosten ihrer Versicherungsnehmer durchsetzen, ohne deren Belange hinreichend zu berücksichtigen (dazu Palandt, § 307 Rn 12). Fazit: Die Klägerin muss nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nach B.2.8 AKB abrechnen. Dazu muss sie zunächst die Umstände der Prämienberechnung abfragen und die Beklagte muss darauf antworten. Dann kann die Klägerin ihre Prämie berechnen und die Beklagte schuldet die zeitanteilige Prämie.
Das Gericht schlug den Parteien, ausgehend von dem Vortrag der Beklagten, dass sie bei dem Nachversicherer 192,00 € im Monat zahlt, folgenden
Kurzzeittarif – der Vergleich, der rechtskräftig wurde:
V e r g l e i c h
vor:
Die Beklagte zahlt an die Klägerin zur Abgeltung der Klageforderung 1.100,00 € (in Worten: eintausendeinhundert Euro).
Von den Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs tragen die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3.
Beide Anwälte erklärten übereinstimmend, dass sie sich zu diesem Vergleichsvorschlag binnen 4 Wochen, ab heute, äußern werden.
Die Anwälte verhandelten mit folgenden Anträgen zur Sache:
Rechtsanwalt Reissenberger stellte die Anträge aus dem Schriftsatz vom 14.12.2015, Bl. 127 der Akten.
Frau Rechtsanwältin … beantragte, die Berufung zurückzuweisen.
Für die Richtigkeit der Übertragung vom Tonträger:
…, Justizbeschäftigte