Eines besonderen Schutzes im Arbeitsleben bedürfen die Schwerbehinderten. Deren Bedürfnisse sind in einem Schwerbehindertengesetz zusammengefasst, das wie folgt kurz dargestellt wird:
Schwerbehinderte
Schwerbehinderte sind Personen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von wenigstens 50, sofern sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben.
Arbeitsplatz im Sinne des Schwerbehindertengesetz
Arbeitsplätze im Sinne des Schwerbehindertengesetz sind alle Stellen, auf denen Arbeiter, Angestellte, Beamte, Richter sowie Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden.
Als Arbeitsplätze gelten nicht die Stellen, auf denen beschäftigt werden
1. Behinderte, die an Maßnahmen zur Rehabilitation in Betrieben oder Dienststellen teilnehmen, einschließlich Behinderter im Arbeitstrainings- und Arbeitsbereich von Werkstätten,
2. Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist, und Geistliche öffentlich-rechtlicher
Religionsgemeinschaften,
3. Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung oder Erziehung beschäftigt werden,
4. Teilnehmer an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Strukturanpassungsmaßnahmen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III),
5. Personen, die nach ständiger Übung in ihre Stellen gewählt werden,
6. Personen, die nach § 19 des Bundessozialhilfegesetzes in Arbeitsverhältnissen beschäftigt werden.
Als Arbeitsplätze gelten ferner nicht Stellen, die nach der Natur der Arbeit oder nach den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen nur auf die Dauer von höchstens 8 Wochen besetzt sind, Stellen, auf denen Arbeitnehmer weniger als 18 Stunden wöchentlich, sowie Stellen, auf denen Personen beschäftigt werden, die einen Rechtsanspruch auf Einstellung haben.
Gleichgestellte von Schwerbehinderten
Personen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, sollen auf Grund einer Feststellung auf ihren Antrag vom Arbeitsamt Schwerbehinderten gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz
erlangen oder nicht behalten können. Die Gleichstellung wird mit dem Tag des Eingangs des Antrages wirksam. Sie kann befristet werden.
Gleichgestellte sind mit Ausnahme des § 47 und des Elften Abschnitts des SchwbG anzuwenden.
Behinderung
Der Begriff ist in § 3 SchwbG definiert.
Behinderung ist danach die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden Funktionsbeeinträchtigung, die auf einem regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand beruht.
Regelwidrig ist der Zustand, der von dem für das Lebensalter typischen abweicht.
Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als 6 Monaten.
Bei mehreren sich gegenseitig beeinflussenden Funktionsbeeinträchtigungen ist deren Gesamtauswirkung maßgeblich.
Die Auswirkung der Funktionsbeeinträchtigung ist als Grad der Behinderung (GdB), nach Zehnergraden abgestuft, von 20 bis 100 festzustellen.
Für den Grad der Behinderung gelten die im Rahmen des § 30 Abs. 1 de Bundesversorgungsgesetzes festgelegten Maßstäbe entsprechend.
Feststellung der Behinderung, Ausweise
Auf Antrag des Behinderten stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung ist entsprechend anzuwenden, soweit nicht das Sozialgesetzbuch Anwendung findet.
Eine derartige Feststellung ist nicht zu treffen, wenn eine Feststellung über das Vorliegen einer Behinderung und den Grad einer auf ihr beruhenden Minderung der Erwerbsfähigkeit schon in einem Rentenbescheid, einer entsprechenden Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung oder einer vorläufigen Bescheinigung der für diese Entscheidungen zuständigen Dienststellen getroffen worden ist, es sei denn, dass der Behinderte ein Interesse an anderweitiger Feststellung glaubhaft macht.
Eine behördliche Feststellung gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung.
Liegen mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vor, so ist der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen.
Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen in dem dafür vorgesehenen Verfahren.
Auf Antrag des Behinderten stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden auf Grund ihrer Feststellung einen Ausweis über die Eigenschaft als Schwerbehinderter, den Grad der Behinderung sowie ggfs. über weitere gesundheitliche Merkmale aus.
Der Ausweis dient dem Nachweis für die Inanspruchnahme von Rechten und Nachteilsausgleichen, die Schwerbehinderten nach diesem Gesetz oder nach anderen Vorschriften zustehen. Die Gültigkeitsdauer des Ausweises wird befristet.
Der Ausweis ist einzuziehen, sobald der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter erloschen ist. Im Übrigen ist er zu berichtigen, sobald eine Neufeststellung unanfechtbar geworden ist.
Für die Streitigkeiten über Feststellungen des GdB und die Ausstellung, Berichtigung und Einziehung der Ausweise ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (Sozialgerichte) gegeben.
Kündigungsschutz bei Schwerbehinderten
Schwerbeinderte genießen neben den bestehenden Gesetzen, die den Schwerbehinderten im selben Umfang zustehen wie jedermann, noch einen besonderen Kündigungsschutz. Die wesentlichen Punkte werden wie folgt dargestellt.
Erfordernis der Zustimmung
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten durch den Arbeitgeber bedarf der vorherigen Zustimmung der Hauptfürsorgestelle.
Kündigungsfrist
Die Kündigungsfrist beträgt mindestens 4 Wochen.
Antragsverfahren
Die Zustimmung zur Kündigung hat der Arbeitgeber bei der für den Sitz des Betriebes oder der Dienststelle zuständigen Hauptfürsorgestelle schriftlich, und zwar in doppelter Ausfertigung zu beantragen. Der Begriff des Betriebes und der Begriff der Dienststelle bestimmen sich nach dem Betriebsverfassungsgesetz und dem Personalvertretungsrecht.
Die Hauptfürsorgestelle holt eine Stellungnahme des zuständigen Arbeitsamtes, des Betriebsrates oder Personalrates und der Schwerbehindertenvertretung ein. Sie hat ferner den Schwerbehinderten zu hören.
Die Hauptfürsorgestelle hat in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung hinzuwirken.
Entscheidung der Hauptfürsorgestelle
Die Hauptfürsorgestelle soll die Entscheidung, falls erforderlich auf Grund mündlicher Verhandlung, innerhalb eines Monats vom Tage des Eingangs des Antrages an treffen.
Die Entscheidung ist dem Arbeitgeber und dem Schwerbehinderten zuzustellen. Dem Arbeitsamt ist eine Abschrift der Entscheidung zu übersenden.
Erteilt die Hauptfürsorgestelle die Zustimmung zur Kündigung, kann der Arbeitgeber die Kündigung nur innerhalb eines Monats nach Zustellung erklären.
Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zur Kündigung haben keine aufschiebende Wirkung.
Einschränkungen der Ermessensentscheidung
Die Hauptfürsorgestelle hat die Zustimmung zu erteilen bei Kündigungen in Betrieben und Dienststellen, die nicht nur vorübergehend eingestellt oder aufgelöst werden, wenn zwischen dem Tage der Kündigung und dem Tage, bis zu dem Gehalt oder Lohn gezahlt wird, mindestens 3 Monate liegen.
Unter der gleichen Voraussetzung soll die Hauptfürsorgestelle die Zustimmung auch bei Kündigungen in Betrieben und Dienststellen erteilen, die nicht nur vorübergehend wesentlich eingeschränkt wer-den, wenn die Gesamtzahl der verbleibenden Schwerbehinderten zur Erfüllung der Verpflichtung ausreicht. Das gilt nicht,
wenn eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz desselben Betriebes oder derselben Dienststelle oder auf einem freien Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb oder einer anderen Dienststelle desselben Arbeitgebers mit Einverständnis des Schwerbehinderten möglich und für den Arbeitgeber zumutbar ist.
Ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet, soll die Hauptfürsorgestelle die Zustimmung erteilen, wenn
1. der Schwerbehinderte in einem Interessenausgleich namentlich als einer der zu entlassenden Arbeitnehmer bezeichnet ist (§ 125 der Insolvenzordnung),
2. die Schwerbehindertenvertretung beim Zustandekommen des Interessenausgleichs gemäß § 25 Abs. 2 beteiligt worden ist,
3. der Anteil der nach dem Interessenausgleich zu entlassenden Schwerbehinderten an der Zahl der beschäftigten Schwerbehinderten nicht größer ist als der Anteil der zu entlassenden übrigen Arbeitnehmer an der Zahl der beschäftigten übrigen Arbeitnehmer und
4. die Gesamtzahl der Schwerbehinderten, die nach dem Interessenausgleich bei dem Arbeitgeber verbleiben sollen, zur Erfüllung der Verpflichtung nach § 5 SchwbG ausreicht.
Die Hauptfürsorgestelle soll die Zustimmung erteilen, wenn dem Schwerbehinderten ein anderer angemessener und zumutbarer Arbeitsplatz gesichert ist.
Ausnahmen
Die vorstehenden Grundsätze gelten nicht für Schwerbehinderte,
1. deren Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung ohne Unterbrechung noch nicht länger als 6 Monate besteht oder
2. die auf Stellen im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 bis 6 beschäftigt werden oder
3. deren Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet wird, sofern sie
a) das 58. Lebensjahr vollendet haben und Anspruch auf eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung auf Grund eines Sozialplanes haben
oder
b) Anspruch auf Knappschaftsausgleichsleistung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch oder auf Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus haben,
wenn der Arbeitgeber ihnen die Kündigungsabsicht rechtzeitig mitgeteilt hat und sie der beabsichtigten Kündigung bis zu deren Ausspruch nicht widersprechen.
Die vorstehenden Grundsätze finden ferner bei Entlassungen, die aus Witterungsgründen vorgenommen werden, keine Anwendung, sofern die Wiedereinstellung der Schwerbehinderten bei Wiederaufnahme der Arbeit gewährleistet ist.
Der Arbeitgeber hat Einstellungen auf Probe und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen Schwerbehinderter in den Fällen unabhängig von der Anzeigepflicht nach anderen Gesetzen der Hauptfürsorgestelle innerhalb von 4 Tagen anzuzeigen.
Außerordentliche Kündigung
Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten mit Ausnahme der vierwöchigen Kündigungsfrist auch bei außerordentlicher Kündigung, soweit sich aus den folgenden Bestimmungen nichts Abweichendes ergibt.
Die Zustimmung zur Kündigung kann nur innerhalb von 2 Wochen beantragt werden; maßgebend ist der Eingang des Antrages bei der Hauptfürsorgestelle.
Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.
Die Hauptfürsorgestelle hat die Entscheidung innerhalb von 2 Wochen vom Tage des Eingangs des Antrages an zu treffen. Wird innerhalb dieser Frist eine Entscheidung nicht getroffen, gilt die Zustimmung als erteilt.
Die Hauptfürsorgestelle soll die Zustimmung erteilen, wenn die Kündigung aus einem Grunde erfolgt, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht.
Die Kündigung kann auch nach Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) erfolgen, wenn sie unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung erklärt wird.
Schwerbehinderte, denen lediglich aus Anlass eines Streiks oder einer Aussperrung fristlos gekündigt worden ist, sind nach Beendigung des Streiks oder der Aussperrung wieder einzustellen.
Erweiterter Beendigungsschutz
Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten bedarf auch dann der vorherigen Zustimmung der Hauptfürsorgestelle, wenn sie im Falle des Eintritts der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ohne Kündigung erfolgt. Die Vorschriften dieses Abschnitts über die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung gelten entsprechend. Näheres bleibt einer Beratung vorbehalten.