Hohe Abfindung in einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht Essen:
RA Reissenberger berichtet von einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht Essen, in welchem eine hohe Abfindung nach einem ausführlichen Vergleichstext vereinbart und diese hohe Abfindung auch nach Vergleichsschluss gezahlt wurde.
Hintergrund des Arbeitsrechtsstreits war, dass der gut bezahlte Arbeitnehmer plötzlich und unerwartet wegen einer vermeintlichen Geheimnispreisgabe verhaltensbedingt fristlos gekündigt worden ist. Die hohe Abfindung ist Ausdruck der Aussichtslosigkeit des Arbeitgebers, den Kündigungsschutzrechtsstreit gewinnen zu können.
Es ist daher stets anzuraten, sehr früh anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die Chance auf eine hohe Abfindung, wenn sich denn das Arbeitsverhältnis nicht mehr aufrechterhalten lässt oder nicht mehr aufrecht erhalten werden soll, zu erhalten.
Hier wurde dem Arbeitgeber von Beginn an klar gemacht, dass die Kündigung keine Chance hatte. Der Arbeitgeber bot aber nur die Regelabfindung und nicht die gewünschte hohe Abfindung in Höhe von 100.000,00 € an.
Hohe Abfindung und Regelabfindung einem Vergleich vor einem Arbeitsgericht:
Eine hohe Abfindung über den ansonsten üblichen Satz eines halben Bruttogehaltes für ein Jahr der Beschäftigung hinaus kann man letztlich nur erreichen, wenn der Wille des Arbeitgebers zur Entlassung so hoch ist, wie seine Chance einer wirksamen Kündigung gering ist.
hohe Abfindung, Beschlusstext:
Nachstehend ist nun der ausführliche Vergleichstext, der eine sehr hohe Abfindung beinhaltet, aufgeführt:
2 Ca 203/10
ARBEITSGERICHT ESSEN
BESCHLUSS
In dem Rechtsstreit
des … Dortmund, – Kläger – Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Sven Reissenberger, Ostenhellweg 53, 44135 Dortmund,
g e g e n
die … AG, vertr. d. d. Vorstand, …,
– Beklagte –
wird gem. §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 495, 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO das Zustandekommen eines gerichtlichen Vergleichs mit folgendem Inhalt festgestellt:
- Die Parteien sind sich einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund betriebsbedingter Kündigung mit Ablauf des … endet.
- Wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der damit verbundenen Aufgabe des sozialen Besitzstandes zahlt die Beklagte dem Kläger eine einmalige Abfindung gem. §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 100.000,00 EUR brutto. Der Abfindungsanspruch entsteht am Tage der Unterzeichnung dieses Vergleiches. Er ist fällig mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und gelangt unter Berücksichtigung der dann geltenden steuerlichen und soziaIversicherungsrechtlichen Vorgaben bargeldlos zur Auszahlung. Die Auszahlung erfolgt mit Gehaltslauf am … . Dem Kläger ist bekannt. dass verbindliche Auskünfte über die steuerrechtlichen Konsequenzen nur das zuständige Finanzamt erteilen kann. Sollte das zuständige Finanzamt aufgrund dieser Vereinbarung Lohn- bzw. Kirchensteuer von der Beklagten nachfordern, so wird der Kläger auf einen Nachweis der Beklagten diese sofort von ihrer Verbindlichkeit freistellen bzw. gezahlte Lohn- und Kirchensteuer an die Beklagte erstatten. Die Abfindung ist vererbbar.
- Der Kläger ist verpflichtet, alle ihm während seiner Tätigkeit bekannt gewordenen betriebsinternen Angelegenheiten, vor allem Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, auch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus geheim halten. Beide Seiten verpflichten sich, negative Äußerungen über die jeweilig andere Seite zu unterlassen. Soweit der Kläger aus der betrieblichen Altersversorgung eine unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen erworben hat, wird die Bescheinigung nach § 2 Abs. 6 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung gesondert erteilt.
- Der Kläger erhält ein Endzeugnis mit der Note „gut“.
- Ein eventuell noch ausstehender Reisekostenvorschuss wird mit der letzten Gehaltsabrechnung verrechnet.
- Die Beklagte stellt dem Kläger eine Arbeitsbescheinigung gern. § 312 SGB III aus. Als Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird angegeben: betriebsbedingte Kündigung.
- Der Kläger verpflichtet sich, die beim Arbeitsgericht Essen anhängige Zahlungsklage unverzüglich nach Unterzeichnung dieses Vergleiches zurückzunehmen. Jede Partei trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
- Begründet der Kläger bei der … AG oder … AG oder einer Beteiligungsgesellschaft (Mehrheitsbeteiligung) dieser Gesellschaften ein neues Arbeitsverhältnis und rechnet der neue Arbeitgeber die frühere Unternehmenszugehörigkeit auf die Dienstzeit an, so verpflichtet sich der Kläger, bei einer – Wiedereinstellung innerhalb von drei Monaten 90 %‚ – bei einer Wiedereinstellung in einem Zeitraum von vier bis zu sechs Monaten 70 % und – bei einer Wiedereinstellung in einem Zeitraum von über sechs bis zu zwölf Monaten 50 % des in § 2 genannten Abfindungsbetrags (netto) ohne den sich aus § 4 ergebenden Aufstockungsbetrag an den Arbeitgeber zurückzuerstatten. Fällig ist der Betrag mit dem Abschluss des neuen Arbeitsvertrages. Eine Rückerstattung erfolgt nicht bei einer Wiedereinstellung nach Ablauf von 12 Monaten.
- Der Kläger sichert zu, Stillschweigen hinsichtlich des finanziellen Inhalts dieser Vereinbarung gegenüber jedermann zu wahren, es sei denn, er ist gesetzlich zur Auskunft verpflichtet oder die Auskunft ist aus steuerlichen oder sozialversicherungsrechtlichen Gründen gegenüber Behörden oder zur Wahrung von Rechtsansprüchen gegenüber Gerichten erforderlich.
- Der Kläger sichert zu, dass er über die Nachteile beim Bezug von Arbeitslosengeld, Renten- und Versorgungsleistungen belehrt wurde und hierüber nur der Sozialversicherungsträger entscheidet, der zur Erteilung von Auskünften berufen und verpflichtet ist. Er erklärt weiterhin, dass ihm Gelegenheit gegeben wurde, weitergehende sozialversicherungsrechtliche Folgen aus dem Abschluss dieser Vereinbarung mit den jeweils zuständigen Sozialversicherungsträgern abzuklären. Dies gilt insbesondere wegen des möglichen Ruhens und einer möglichen Minderung der Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld. Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass er nach dem Gesetz verpflichtet ist, sich unverzüglich nach Abschluss dieser Vereinbarung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Andernfalls wird das Arbeitslosengeld gekürzt.
- Die Parteien sind sich einig, dass mit Erfüllung der voranstehend ausdrücklich geregelten Verpflichtungen alle wechselseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und aus Anlass seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt sind. Mit Ausnahme etwaiger Ansprüche aus unerlaubter Handlung können damit wechselseitig keine weitergehenden Ansprüche (mehr) geltend gemacht werden. Der Kläger verzichtet auf einen ihm eventuell zustehenden Wiedereinstellungsanspruch. Die Beklagte nimmt diesen Verzicht an.
- Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam sein, wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen davon nicht berührt. Soweit eine gesetzliche Vorschrift nicht entgegensteht bzw. besteht, verpflichten sich die Parteien anstelle der unwirksamen Bestimmung eine dieser Bestimmung möglichst nahekommende wirksame Regelung zu treffen.
Außer dieser schriftlichen Vereinbarung, über deren Inhalt sich die Parteien völlig klar sind, sind keine weiteren Abmachungen, insbesondere auch keine mündlichen, getroffen worden. Der Kläger erklärt, dass er diese Aufhebungsvereinbarung sorgfältig gelesen und nach reiflicher Überlegung freiwillig unterzeichnet hat. Zugleich bestätigt er, vor der Unterzeichnung eine Bedenkzeit von mindestens 24 Stunden erhalten oder ausdrücklich auf diese Bedenkzeit verzichtet zu haben.
Essen, den 09.06.2010
Der Vorsitzende der 2. Kammer
gez. i.V. Dr. Klein
Richter am Arbeitsgericht