Elementargefahr -Allgemeines:
Die Elementargefahr kann ein Bestandteil der Wohngebäudeversicherung sein und stellt eine Erweiterung der Wohngebäudeversicherung bspw. gegen Überschwemmungen und Rückstau dar.
Die Elementargefahr muss, wie auch im nachstehenden Fall, zusätzlich versichert werden, um Bestandteil der Wohngebäudeversicherung zu sein, da die Elementargefahr grundsätzlich gerade nicht Bestandteil der Versicherung ist.
Elementargefahr – Urteil des LG Dortmund:
Im nachstehenden Fall zur Elementargefahr ging es unter anderem um einen Rückstau nach starkem Niederschlag, so dass es zu einem Austritt von Leitungswasser kam. Hier fragte sich, inwiefern die Realisierung einer Elementargefahr und ein gleichzeitig vorliegender Leitungswasserschaden sowie ein vorliegender Rückstau überhaupt gegeben ist und zum Ausschluss der Versicherungsleistung führen kann.
Das LG Dortmund hat überzeugend anhand der Klauseln zur Elementargefahr des Versicherungsvertrages hergeleitet, dass aufgrund einer Elementargefahr ein bedingungsgemäßer Austritt von Wasser vorlag, so dass der dadurch entstandene Schaden von der Versicherung im Wesentlichen zu übernehmen war. Es hat zur Elementargefahr und seinen Voraussetzungen ausgeführt und festgestellt, dass ein Rückstau im Sinne der Bedingungen zur Elementargefahr vorlag und die Versicherung zur Leistung nach der erweiterten Klausel zur Elementargefahr verpflichtet ist.
Elementargefahr – das Urteil des LG Dortmund im Wortlaut:
Beglaubigte Abschrift
2 O 263/14
Verkündet am 17.12.2015
… Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle
30. Dez. 2015
Landgericht Dortmund
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn … Dortmund,
Klägers,
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Reissenberger, Ostenhellweg 53, 44135 Dortmund,
g e g e n
die … Versicherung AG, vertr. d. d. Vorstand …,
Beklagte,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …,
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund
aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24.09.2015
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht …,
die Richterin am Landgericht
… und
die Richterin …
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.923,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.08.2014 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 597,74 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.08.2014 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche, den Versicherungsfall vom 9/10.05.2015 betreffende, bisher noch nicht absehbare und während der Rekonstruktionsarbeiten entstehende weitere Kosten im bedingungsgemäßen Umfang zu ersetzen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 35 % und die Beklagte zu 65 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in der Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in der Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in der Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand (Elementargefahr):
Die Parteien streiten um Leistungen aus einer Wohngebäudeversicherung.
Der Kläger unterhält bei der Beklagten unter der Vers.‐Nr. … seit dem 13.07.2011 eine Wohngebäudeversicherung Leistungsvariante Plus zum gleitenden Neuwert 1914, die als versichertes Risiko auch sog. „weitere Elementargefahren“ in Gestalt von Überschwemmung und Rückstau absichert.
Versichertes Objekt ist das Wohngebäude des Klägers am … … in … Unna. Es finden die VGB 2010 sowie die Besonderen Bedingungen zur Wohngebäudeversicherung ‐Plus (BB Plus VGB 2010) Anwendung.
§ 3 b) VGB 2010 definiert den Rückstau wie folgt:
„Rückstau liegt vor, wenn Wasser durch Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließenden) Gewässern oder durch Witterungsniederschläge bestimmungswidrig aus den gebäudeeigenen Ableitungsrohren oder damit verbundenen Einrichtungen in das Gebäude eindringt.”
Wegen der Einzelheiten der Vertragsbedingungen wird auf die Anlagen zum Schriftsatz der Beklagten vom 24.10.2014 verwiesen. Für die versicherte Gefahr der erweiterten Elementarschäden ist ein Selbstbehalt von 10% mindestens 500 € und maximal 5.000,00 € vereinbart.
Mit Schadensmeldung vom 12.05.2014 zeigte der Kläger gegenüber der Beklagten einen zwischen den Parteien streitigen Wasserschaden vom 09.05.2014 oder 10.05.2014 an dem versicherten Objekt des Klägers an, der sich in seiner Urlaubsabwesenheit ereignete.
Die Beklagte führte einen Ortstermin durch und lehnte sodann mit Schreiben vom 03.06.2014 die Schadensregulierung ab. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die streitigen Reparaturkosten bezüglich der Regenabwasserleitung und der streitigen Wasserschäden am Gebäude.
(Behauptungen und Darlegungen des Klägers – Elementargefahr):
Der Kläger behauptet, dass eine Verstopfung in der Grundleitung vorgelegen habe, die aufgrund gleichzeitig eingetretener starker Regenfälle in der Dachrinne am Dach in seiner Urlaubsabwesenheit einen Rückstau verursacht habe, indem sich das Wasser von der Grundleitung bis in die Ableitungsrohre bis zur Dachrinne rückgestaut habe. Das Regenwasser sei bestimmungswidrig über die Regenrinne hinausgelaufen, an der Hauswand entlang geflossen und sodann über einen Kellerfenster-Lichtschacht und über die Terrasse in das Gebäude eingedrungen. Der Boden im Schlafzimmer des Erdgeschosses als auch im Keller im Hobbyraum sei massiv unter Wasser gesetzt und beschädigt worden.
Der Kläger habe Eigenleistungen zur vorläufigen Schadensbeseitigung gemacht, die er mit 31,5 Stunden a 10,00 Euro (315,00 €) beziffert. Ferner habe er Maßnahmen ergriffen, um die Ursächlichkeit der Schadensentstehung festzustellen, für die er 358,00 € ersetzt verlangt, als auch Kosten für die Beseitigung einer Rohrverstopfung in der Höhe von 153,90 € (Anlage zum Schriftsatz vom 25.09.2015 ‐ Bl. 58 d. A.) getragen. Ferner würde die Beseitigung eines Rohrversatzes/Neuausrichtung des Rohres Kosten in der Höhe von 1.844,50 € erforderlich machen. Zudem habe er Trocknungsmaßnahmen ergriffen, für die er 267,75 €ersetzt verlangt. Weiter hat er Kostenvoranschläge für die Wiederherstellung der Schäden eingeholt betreffend das Schlafzimmer in der Höhe von 4.240,45 € brutto sowie für den Hobbyraum in der Höhe von 9.509,87 € brutto. Hierbei handele es sich um schadensbedingt notwendige Reparaturarbeiten, die ortsüblich und angemessen seien. Wegen der Einzelheiten der Schadensauflistung, die der Kläger mit insgesamt 16.535,57 € beziffert, wird auf S. 3 der Klageschrift vom 05.09.2014 nebst Anlagen K 3 ‐ K 8 verwiesen.
(Anträge – Elementargefahr):
Der Kläger beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 16.535,57 € sowie weitere 597,74 €, jeweils nebst § § -Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18.08.2014 zu zahlen.
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche bisher noch nicht absehbaren und während der Rekonstruktionsarbeiten entstehenden weiteren Arbeiten zu ersetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
(Behauptungen und Darlegungen der Beklagten – Elementargefahr):
Sie ist der Ansicht, dass weder eine Ersatzpflicht nach § 3 VGB 2010 noch aus § 4 VGB 2010 bestehe. Ferner beruft sie sich auf eine Zeitwertberechnung im Hinblick auf die Gebäudeschäden wegen der strengen Wiederherstellungsklausel. Zudem müsse sich der Kläger einen Selbstbehalt anrechnen lassen. Auch Mehrwertsteueranteile könnten nach § 13 Z. 6 VGB 2010 nur verlangt werden, sofern sie tatsächlich angefallen seien.
Das Gericht hat den Kläger im Termin.zur mündlichen Verhandlung persönlich angehört, insoweit wird auf das Terminprotokoll vom 24.09.2015 venrviesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe (– Elementargefahr):
Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Versicherungsleistungen in der Höhe von 10.923,88 € aus § 1 c) bb), 4 Ziff. 1 b) bb) VGB 2010 i. V. m. § 4 Ziff. 3 b) VGB 2010.
(Wohngebäudeversicherung – Elementargefahr):
Der Kläger unterhielt bei der Beklagten unstreitig eine Wohngebäudeversicherung.
Vorliegend steht nach Durchführung der mündlichen Verhandlung und der persönlichen Anhörung des Klägers zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Versicherungsfall eines versicherten Rückstaus eingetreten ist. Dem Kläger, der insoweit beweisbelastet ist, ist die Beweisführung gelungen. Nach dem in § 286 Abs. 1 ZPO nominierten Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist ein Beweis erbracht, wenn das Gericht nach seiner aus dem Inbegriff der mündlichen Verhandlung gewonnenen Überzeugung von der Wahrheit einer Tatsachenbehauptung derart überzeugt ist, dass vernünftigen Zweifel Schweigen geboten ist. Die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und auch keine an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, sondern nur ein für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (Vgl. BGH, NJW 2008, 2845; Zöller, ZPO, 19. Auflage 2012, § 286 Rn. 19). Dies ist vorliegend der Fall.
Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung glaubhaft geschildert, dass er nach Urlaubsrückkehr das eingetretene Wasser im Schlafzimmer und im Hobbyraum wahrgenommen habe. Im Kellerfenster habe sich Wasser im Lichtschacht befunden, das sodann eingedrungen sei. Im Schlafzimmer sei zu erkennen gewesen, dass das Wasser durch die Terrässentür eingedrungen sei.
Seitens der Kammer bestehen trotz des Umstands, dass der Kläger bei dem Schadensereignis nicht vor Ort war, keine Zweifel, dass sich der eingetretene Schaden Wie behauptet zugetragen hat.
Der Kläger berichtet plausibel, dass er am Sonntag bzw. am Montag bei nicht so starkem Regen gesehen habe, dass das Wasser aus dem Regenfallrohr gedrückt worden sei. Zudem sei das Wasser über die Regenrinne geschwappt und sei gegen das Schlafzimmerfenster geklatscht. Das Kellerfenster befände sich unterhalb des Schlafzimmerfensters und damit unterhalb des geschilderten Wasserablaufs. Diese Schilderung fügt sich mit dem Umstand, dass ausweislich der Rechnung der Firma … (Anlage zum Schriftsatz des Klägervertreters vom 25.09.2015-Bl. 58 d. A.)‚ die im Termin zur mündlichen Verhandlung mit den Parteien erörtert wurde, eine Verstopfung in der Grundleitung vorgelegen hat, die am 13.05.2014 beseitigt wurde. Anhaltspunkte dafür, dass diese Rechnung nicht das versicherte Objekt betrifft, sind nicht ersichtlich.
(Rückstau – Elementargefahr):
Auch stellt dieser Schadensverlauf einen versicherten Rückstau dar.
Nach § 1 C) bb), 4 Ziff. 1 b) bb) VGB 2010 i. V. m. 9 4 Ziff. 3 b) VGB 2010 sind Beschädigungen an dem Gebäude versichert, die durch Rückstau entstanden sind.
Rückstau liegt nach § 3 b) VGB 2010 vor, wenn Wasser (…) durch Witterungsniederschläge bestimmungswidrig aus den gebäudeeigenen Ableitungsrohren oder damit verbundenen Einrichtungen in das Gebäude eindringt.
Das Wasser ist, indem es sich von der Grundleitung bis in das Regenabfallrohr angestaut hat und sodann über die Dachrinne ausgetreten ist, auch aus einer tauglichen Wasseraustrittstelle im Sinne der Bedingungen getreten (anders als im Fall OLG Hamburg VersR 2014, 1454). Ein Regenfallrohr stellt bei verständiger Würdigung ein gebäudeeigenes Ableitungsrohr dar. (so OLG Hamburg, a. a. O.) Es dient der Ableitung von auf der Dachfläche angesammeltem Wasser und ist dem Gebäude zuzuordnen. Eine damit verbundene Dachrinne stellt, da sie keine rohrgleiche umfassende Umschließung aufweist, jedenfalls eine mit einem gebäudeeigenen Ableitungsrohr verbundene Einrichtung dar.
Da eine Störung des Wasserabfluss durch Regenfälle vorliegt, ist auch eine taugliche bedingungsgemäße Rückstauursache in Gestalt von „Witterungsniederschlägen“ gegeben. Der Umstand, dass der Rückstau zusätzlich auf der Ursache einer Verstopfung der Grundleitung beruht, ist nach Auffassung der Kammer irrelevant im Hinblick auf einen tatbestandlichen Rückstau.
Insbesondere wenn der Rückstau als Ausschlusstatbestand einer versicherten Gefahr definiert ist, stellt auch ein solcher Rückstau, der auf einer Verstopfung eines Rohres beruht, einen tatbestandsmäßigen Rückstau dar (Vgl. Stefan Spielmann, Aktuelle Deckungsfragen in der Sachversicherung, 2002, S. 53 mwN; OLG Saarbrücken VersR 1997, 1000; LG Koblenz, r + s 2003, 243). In diesem Fall soll egal sein, ob der Rückstau ausschließlich auf Niederschlägen beruht oder auf zusätzlichen Ursachen. Zum Teil wird die Einschlägigkeit des positiven Gefährdungstatbestands „Rückstau“ jedoch verneint, wenn kein intaktes Entwässerungssystem vorliegt und es sodann zum Austritt von Wasser kommt (Vgl. Stefan Spielmann, Aktuelle Deckungsfragen in der Sachversicherung, 2002, S. 112; LG Wiesbaden, Urteil vom 08.04.2009 ‐ 1 O 305/07). Nach anderer Ansicht scheidet auch bei einer Verstopfung des Entwässerungssystems kein tatbestandlicher Rückstau aus (Vgl. Jula in: Bruck/Möller,WG 9. Aufl. 2012, § 5). Letztlich entscheidend kann hier nur eine am Wortlaut orientierte Auslegung sein.
(Auslegung der Versicherungsbedingungen – Elementargefahr):
Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie sie ein verständiger durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne besondere versicherungsrechtliche Kenntnisse verstehen kann. Dabei ist in erster Linie vom Wortlaut der Klausel auszugehen (BGHZ 123, 83; Römer/Langheid, WG, 4. Aufl. 2014, Vor § 1 Rn. 15 f).
(Bestimmungswidriger Austritt – Elementargefahr):
Die Ursache des bestimmungswidrigen Austritts ist hier in Gestalt von Witterungsniederschlägen festgeschrieben. Dies ist verständlich nach dem Wortlaut der Klausel nicht dahingehend zu deuten, dass dies die einzige Ursache sein darf und insofern ein Rückstau nur dann tatbestandsmäßig ist, wenn er einzig auf der Überforderung der Entwässerungssysteme wegen massiver Witterungsniederschläge beruht (so aber LG Wiesbaden, Urteil vom 08.04.2009 ‐ 1 O 305/07). Auch bei einer mechanischen Beeinträchtigung des Ableitungssystems beruht letztlich die Schadensentstehung vomiegend auch auf Witterungsniederschlägen und damit auf der Elementargefahr‚ vor der der Versicherungsnehmer bei Abschluss des Vertrages geschützt werden möchte. Andernfalls würden sich auch massive Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben, die dadurch entstünden, dass etwa bei einem Unwetter mit erheblichen Niederschlägen auch Feststoffe in Gestalt von Laub oder kleinen Ästen über das Dach in die Abwasserleitung gelangen können und so einen Rückstau begünstigen. Letztlich erscheint es nur interessengerecht und sachgerecht als auch durch den Wortlaut der Klausel angelegt eine mittelbare Kausalität der Witterungsniederschläge als Ursache für den Rückstau anzuerkennen.
(Ableitungsrohre – Elementargefahr):
Auch ist das Wasser entsprechend der Versicherungsbedingung aus den gebäudeeigenen Ableitungsrohren in das Gebäude eingedrungen und damit auf bedingungsgemäßem „Weg“ in das gebäudeeigene Innere gelangt und hat sodann zu Beschädigungen des versicherten Objekts geführt. Der Begriff des Rückstaus erfasst nach der Auslegung entsprechend der vorgenannten Auslegungsmaxime die Fälle, in denen sich ansammelndes Niederschlagswasser in erheblichen Mengen in der gebäudeeigenen Ableitungsrohren sammelt und von dort nicht mehr in der vorgesehenen Weise abgeführt werden kann. (Vgl. OLG Stuttgart, r + s 2004, 196, 197; OLG Hamburg, Beschluss vom 14. April 2014 ‐ 9 U 201/13 juris; VersR 2014, 1454). Maßgeblich ist daher, dass das Wasser nicht mehr in der „vorgesehenen Weise“ abgeführt werden kann bzw. nach dem Wortlaut der Klausel „bestimmungswidrig austritt“. Es kann daher nicht gefordert werden, dass das Wasserin eine andere Richtung zurücksprudelt, ausreichend ist, dass es wegen Überlastung des Abwass’ersystems nicht mehr abgeführt werden kann und so übertritt. Dies ist hier der Fall, da nach den Feststellungen der Kammer ein Übertritt des Wassers aus der Regenrinne gegeben ist. Es ist nach Auffassung der Kammer auch unschädlich, auf welchem Weg das Wasser bestimmungswidrig aus den Rohren in das Gebäude eingedrungen ist. Maßgeblich ist nur, dass es bestimmungswidrig aus den Ableitungsrohren oder damit verbundenen Einrichtungen in das Gebäude eindringt. Ein strenges Unmittelbarkeitserfordernis folgt aus dem Wortlaut der Klausel nicht, so dass der Versicherungsnehmer auch bei einer lediglich mittelbaren Verursachüng schutzwürdig ist (Vgl. zum Ausreichen mittelbarer Kausalität BGH NJW-RR 2005, 1052). Es ist daher ausreichend, dass das so ausfließende Wasser an der Hauswand entlang läuft, sich im Lichtschacht ansammelt und sodann eintritt oder an ein Terrassenfenster drückt und auf diesem Wege eindringt. Es muss auch bei bestimmungswidrigem Austritt aus Ableitungsrohren und damit verbundenen Einrichtungen ausreichend sein, wenn das Wasser nicht bei Austritt unmittelbar in das Gebäude eindringt und so Schäden bewirkt. Allenfalls wäre ein bestimmungswidriges Austreten von Wasser aus einem Regenabflussrohr der Dachrinne kaum unter den Gefährdungstatbestand subsumierbar, da kaum Fälle denkbar sind, dass sich das Wasser nicht zunächst bestimmungswidrig durch ein Auslaufen aus der Dachrinne einen anderen Weg bahnt, um sodann in das Gebäudeinnere einzudringen. Maßgeblich muss auch hier wieder sein, dass aus der Sicht des Versicherungsnehmers das Tatbestandsmerkmal „bestimmungswidriger Austritt“ ausschlaggebend ist. Dies überzeugt auch aus einem systematischen Vergleich mit § 4 Z. 2 c) aa) und dd). Das Erfordernis einer „unmittelbaren“ Verbindung von Austritt und Eintritt folgt eben nicht aus dem Wortlaut der Klausel. Der Versicherungsnehmer ist insofern schutzwürdig. Unklarheiten gehen zulasten des Versicherers.
(Rechtsfolge – Elementargefahr):
In der Rechtsfolge werden nach § 13 Nr. 1 a bb) VGB 2010 die infolge des Versicherungsfalls notwendigen Reparaturkosten des beschädigten Gebäudes unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalls ersetzt.
(Kosten für die Reparatur – Wiederherstellung/Zeitwert – Elementargefahr):
Dahinstehen kann, ob die Voraussetzungen der in § 13 Nr. 7 VGB 2010 geregelten strengen Wiederherstellungsklausel gegeben sind. Danach erwirbt der Versicherungsnehmer den Anspruch auf Zahlung des Teils der Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt nur, soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sicherstellt, dass er die Entschädigung verwenden wird, um versicherte Sachen gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen oder wieder zu beschaffen.
Zwar hat der BGH in seiner Entscheidung vom 24.01.2007 (BGH NJW-RR 2007, 608) auch im Hinblick auf eine lediglich vorliegende Beschädigung eines Gebäudes das Entstehen des Anspruchs auf die Neuwertspitze von der Wiederherstellung abhängig gemacht. Insofern kann der Versicherer, wenn die Reparaturmaßnahmen zu einer Erhöhung des unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalls gegebenen Zeitwerts führen würden, seine Ersatzleistung um diese fiktive Erhöhung kürzen.
Damit bliebe der Zeitwert vor Eintritt des Versicherungsfalls die Obergrenze der Ersatzpflicht des Versicherers (Vgl. BGH aaO). Fokus ist daher der Zeitwert des Gebäudes, der sich anhand des Neuwerts des Gebäudes abzüglich der Wertminderung des Gebäudes durch Alter und Abnutzungsgrad ermittelt. Der Zeitwert des Gebäudes vor dem Versicherungsfall übersteigt zweifelsfrei die Reparaturkosten in der hier geltend gemachten Höhe von 13.750,32 € brutto, die Obergrenze der Ersatzfähigkeit ist damit gewahrt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass eine Neuverlegung der Böden bzw. Neuverputzung der Wände in Schlafzimmer und Hobbyraum des Hauses den Zeitwert des Gebäudes signifikant erhöhen oder überhaupt erhöhen, eine Minderung der hier geltend gemachten Kosten ist daher nicht geboten. Soweit die Beklagte die Klausel des § 13 Nr. 7 Abs. 2 VGB 2010 so verstanden haben will, dass individualisiert auf die Werterhöhung im Hinblick auf Böden bzw. Wände abgestellt werden soll, verstieße eine solche Auslegung gegen §§ 93, 94 Abs. 2 BGB, dass sich hier umwesentliche Bestandteile der Hauptsache handelt, die deren Schicksal teilen und nicht Gegenstand isolierter Betrachtung sein können.
Insoweit sind die geltend gemachten Reparaturkosten ersatzfähig. Die Kammer hat auch keine Zweifel daran, dass die dargelegten zu reparierenden Schäden kausal auf den Versicherungsfall rückführbar sind. Gegenteilige Anhaltspunkte erkennt die Kammer nicht. Im Hinblick auf die dezidiert in der Rechnung angeführten Einzelpositionen erhebt die durch den Schadensregulierer Herrn … sachkundig beratene Beklagte keine substanziellen Einwendungen.
(Kosten für die Reparatur-Kürzung – Elementargefahr):
Der Anspruch des Klägers im Hinblick auf die Reparaturkosten war jedoch gemäß § 13 Nr. 6 a) VGB 2010 auf 11.554,89 € zu kürzen, -da die geltend gemachte Mehrwertsteuer, die mangels bisheriger Durchführung der Reparaturen seitens des Klägers tatsächlich noch nicht gezahlt worden ist, hiernach nicht ersatzfähig ist.
(Kosten für die Trocknung – Elementargefahr):
Die Ersatzfähigkeit der Trocknungskosten in der Höhe von 267,75 EUR folgt aus § 13 Nr. 1 a) Abschnitt B VGB 2010. Insofern kommt der Versicherungsnehmer hier seiner Obliegenheit zur Schadensminderung aus § 8 Nr. 2 a) aa) Abschnitt B VGB 2010 nach. Die Ersatzfähigkeit der Eigenaufwendung des Klägers in der Höhe von 315,00 EUR als notwendigen Aufräumungs- und Bewegungskosten folgt aus § 7 Nr. 1 a) b) VGB 2010. Unschädlich ist auch, dass der Versicherungsnehmer die Aufräumarbeiten anstelle eines Fremdunternehmens ausgeführt hat. Dem Versicherungsnehmer steht bei Eigenleistung eine Entschädigung zu, unabhängig davon ob die Tätigkeit in den Bereich seines Berufes oder Gewerbes fällt. (Vgl. Rüffer, in: Beckmann/Matusche, Versicherungsrechts-Handbuch, 2. Aufl. 2009, § 32 Rn. 42). Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass die vorgenannten Kosten aufgrund des Versicherungsfalls entstanden sind. Der Rechnüng der Trocknungskosten lässt sich insbesondere nicht entnehmen, dass diese Kosten im Hinblick auf ein anderes Objekt angefallen sind. Auch im Hinblick auf die Eigenaufwendungen erscheinen die für das Aufräumen und Abwickeln angesetzten Kosten erforderlich und angemessen. im Hinblick auf die Positionen erhebt die sachverständig beratene Beklagte keine substanziellen Einwendungen.
(Kosten für die Rohrverstopfung – Elementargefahr):
Soweit der Kläger Versicherungsleistungen für die Beseitigung der Rohrverstopfung in der Höhe von 153,90 EUR bzw. Kosten für die Rohrverlaufsortung in der Höhe von 358,00 EUR und auch Ersatz für die Neuverlegung der Rohre in der Höhe von 1.844,50 EUR verlangt, war die Klage mangels Anspruchsgrundlage abweisungsreif.
Hierbei handelt es sich nicht um durch den Versicherungsfall beschädigte Sachen sondern um Ursachenbehebungsmaßnahmen. Aus § 3 Nr. 20 BB Plus VGB 2010‚ der nur für die Gefahr „Leitungswasser“ gilt, folgt im Umkehrschluss, dass derartige Kosten bei Eintritt des Versicherungsfalls wegen Elementargefahren nicht ersatzfähig sind. Insbesondere hat sich das versicherte Risiko „Leitungswasser“ im vorliegenden Fall nicht parallel venrvirklicht, da die Ausschlussklausel des § 3 Nr. 4 a) dd) VGB 2010 greift.
(Abzugsposition Selbstbehalt – Elementargefahr):
Von den hiernach in der Höhe von insgesamt 12.137,64 € (267,75 €+ 315 €, 11.554,89 € netto) berechtigten Kosten muss sich der Kläger den vereinbarten Selbstbehalt in der Höhe von 10% abziehen lassen, was eine ersatzfähige Versicherungsleistung in der Höhe der tenorierten 10.923,88 € ergibt.
(Zinsanspruch – Elementargefahr):
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 288 BGB. Mit dem Ablehnungsschreiben vom 03.06.2014 befand sich die Beklagte spätestens in Verzug wegen Leistungsverweigerung gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB.
(Feststellungsantrag – Elementargefahr):
Der Feststellungsantrag ist zulässig und in dem tenorierten Umfang begründet. Der Kläger kann sich auch auf ein Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO berufen.
Erforderlich hierfür ist, dass Tatsachen dargelegt werden,die den Schluss zulassen, dass künftig weitere materielle Schäden eintreten können, die von der Feststellung der Ersatzpflicht für entstandene Schäden nicht erfasst sind. (Vgl. Veith/Gräfe, Versicherungsprozess, 2. Auflage 2010, § 1 Rn. 47).
Dies ist hier der Fall, da bei tatsächlicher Durchführung der Reberaturmaßnahmen zumindest die Mehrwertsteuer nach § 13 Nr. 6 VGB 2010 seitens des Klägers gegenüber der Beklagten geltend gemacht werden kann, insofern das Entstehen zukünftiger Schäden möglich ist.
Nach oben Gesagtem ist der Antrag dem Grunde nach auch begründet.
(Kosten außergerichtliche Rechtsverfolgung – Elementargefahr):
Die Erstattungsfähigkeit der Kosten für die außergerichtliche Rechtsverfolgung nebst Zinsen folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 288 BGB.
(Kostenentscheidung und Vollstreckbarkeit – Elementargefahr):
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf bis zu 20.000,00 EUR festgesetzt.
…