Du betrachtest gerade Softwarevertrag, Urteil LG Dortmund
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Softwarevertrag, Urteil LG Dortmund

SuCRM-Softwarevertrag – Grundsätzliches:

Nachstehend berichte ich über ein Urteil zu einem sog. „CRM Softwarevertrag“. „CRM“ bedeutet insoweit „Customer-Relationship-Management“, übersetzt „Kundenbeziehungsmanagement“ oder „Kundenpflege“, womit die konsequente Ausrichtung einer Unternehmung auf ihre Kunden sowie die systematische Gestaltung der Kundenbeziehungsprozesse gemeint ist. Ein derartiger CRM-Softwarevertrag ist ein komplexes Gebilde. Die CRM-Software wird daher von hochspezialisierten Unternehmen konzipiert und zumindest -wie auch in dem nachstehenden Fall- einerseits als Standard-Produkt tausendfach vertrieben und andererseits auch bei Großkunden, wie nachstehend auch zu sehen ist, individuell an die einzelnen Bedürfnisse dieser Großkunden und ihrem spezifischen Tätigkeitsfeld angepasst. Die rechtliche Einordnung wird daher etwas komplizierter. Ein CRM-Softwarevertrag ist regelmäßig ein Kaufvertrag, wenn die Standardsoftware lediglich als System verkauft wird, ein Mietvertrag, wenn der Kunde für einen bestimmten Zeitraum das Recht der Softwarenutzung erwirbt und letztlich ein Werkvertrag, wenn das Softwareunternehmen sich im CRM-Softwarevertrag verpflichtet, beim Kunden sämtliche alten Daten zu sichern, zu übernehmen und in die neue CRM-Software einzupflegen und an die Unternehmensstrucktur und die vorhandene Kunden-EDV anzupassen. Kommen noch Schulungen hinzu, dann hat der CRM-Softwarevertrag auch dienstrechtliche Komponenten.

 

CRM-Softwarevertrag – Hintergrund des Falls:

Im nachstehenden Fall versuchte ein Kunde des Softwareunternehmens vergeblich, vom einmal geschlossenen CRM-Softwarevertrag letztlich ohne plausiblen Grund zurückzutreten und den CRM-Softwarevertrag rückabzuwickeln. Derartige Versuche kommen vor, wenn sich bspw. die Geschäftspolitik des Kunden-Unternehmens ändert und die hohe Investition rückgängig gemacht werden soll. Das Landgericht Dortmund hatte über einen derartigen Versuch zu befinden und die Voraussetzungen des Rücktritts vom Vertrag intensiv geprüft, Beweis erhoben und letztlich ein Urteil gesprochen, in welchem der Rücktritt vom CRM-Softwarevertrag abgelehnt wurde.

 

 

CRM-Softwarevertrag – das Urteil des LG Dortmund:

Verkündet am 24.06.2015
…‚ Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

LANDGERICHT DORTMUND
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

In dem Rechtsstreit

der … GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer …, …, … Dortmund,

Klägerin und Widerbeklagten,

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Reissenberger, Ostenhellweg 53, 44135 Dortmund,
g e g e n
den …, vertreten durch den Geschäftsführenden Direktor …, …, …,
Beklagten und Widerklägerin,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …, …, … München,

 

Tenor (CRM-Softwarevertrag):

hat die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund

auf die mündliche Verhandlung vom 24.06.2015

durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht …

für R e c ht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.284,17 € (i. W.: vierzehntausendzweihundertvierundachtzig 17/100 Euro) nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.01.2014 zu zahlen.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 572,50 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.01.2014 zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

T a t b e s t a n d (CRM-Softwarevertrag):

Die Klägerin, ein Softwareunternehmen, verlangt von der Beklagten, einem Medizintechnikunternehmen, die Bezahlung von zwei Rechnungen über IT-Leistungen. Die Beklagte fordert mit der Widerklage schon geleistete Zahlungen zurück , nachdem sie den Rücktritt vom Vertrag erklärt hat. Die Beklagte vertreibt insbesondere Überwachungsgeräte und Einmalartikel zur Messung und Überwachung von Blutwerten im Operationssaal und auf der Intensivstation von Krankenhäusern. In der Vertriebsorganisation der Beklagten sind rund 40 Mitarbeiter beschäftigt, die etwa 1000 Bestandskunden, fast ausschließlich Krankenhäuser, betreuen. Als zentrales Steuerungs- und Kontrollsystem für den Vertrieb bedient sich die Beklagte einer sogenannten Customer Relations Management (CRM) Software. Die Beklagte verwandte über viele Jahre hinweg die CRM Software … … “. Die Geschäftsführung der Beklagten fasste im Laufe des Jahres 2012 den Beschluss, die Software durch eine neue, modernere und vielseitiger einsetzbare Software zu ersetzen. Die Beklagte sprach deshalb im Sommer 2012 mehrere Anbieter von CRM Software an, u. a. die Klägerin, und stellte diesen Anbietern ausführlich und umfangreich die Anforderungen der Beklagten an eine CRM Software dar. In der Folge korrespondierten die Parteien (Anlage B 1 bis B 3 zur Klageerwiderung). Nach Durchführung zweier „Workshops“ übermittelte die Klägerin ihr Angebot vom 10.05.2013 (Anlage K 1), welches nach einer weiteren Auftragsbestätigung vom 13.05.2013 sowie einem weiteren Angebot vom 13.06.2013 in die Auftragsbestätigung vom 16.07.2013 (Anlage K 10) mündete.

Die Klägerin begann im September 2013 mit der Ausführung der Leistungen. Im Rahmen eines Workshops, der vom 18. bis 20. September 2013 stattfand, wurde das Implementierungskonzept besprochen, in welchem die Konfiguration der CMR-Software-Lösung im Einzelnen festgelegt werden sollte. In weiteren Workshops am 10. und 27. September 2013 wurden zusätzlich erforderliche Programmierungen besprochen. Die Rechnung Nr. 201311118 vom 05.09.2013 über 25.694,10 €brutto bezahlte die Beklagte am 10.10.2013.

Auf die Rechnung Nr. 201311293 vom 30.09.2013 über 10.036,48 € brutto leistete die Beklagte am 21.10.2013 7.879,13 €. Die Klägerin stellte in der Folgezeit die streitgegenständlichen Rechnungen vom 29.10.2013 (Anlage K 3 zur Klageschrift) über 1.190,00 € brutto und vom 19.11.2013 (Anlage K 2 zur Klageschrift) über 13.094,17 € brutto. Diese Rechnungen beglich die Beklagte nicht. In einer Mail vom 16.10.2013 teilte der Zeuge … der Mitarbeiterin der Beklagten … u. a. mit: nach Rücksprache mit Herrn … kann ich Ihnen folgendes mitteilen. – Die komplette Zusatzprogrammierung, wird leider nicht bis zum 21.11. fertig werden. Da Herr … ebenfalls in der KW 47 (18. bis 22.11.) von Mo. bis Mi. in Oslo zu einer Entwicklerkonferenz ist, wird er es nicht bis zum 21.11. schaffen. Er sagte mir jedoch, dass er bis zum 25.11. auf jeden Fall die Grundfunktionalitäten liefern kann. Die Beklagte erklärte dann mit Schreiben vom 22.11.2013 (Anlage K 4 zur Klageschrift) den Rücktritt von „allen etwaig….bestehenden Vertragsverhältnissen“ mit der Klägerin. In dem Schreiben wird der Rücktritt wie folgt begründet: „Wie Ihnen bekannt ist, sind insbesondere für uns zwingenden Anpassungen der … CRM Software aufgrund der Architektur und der Rechte Dritte am Softwarekern nicht möglich. Die von uns zur conditio sine qua non gemachte Inhouse-Lösung hinsichtlich der erforderlichen Programmierungen können Sie nur extern über Herrn … anbieten. Große Teile der … CRM-Software sind für uns überhaupt nicht nutzbar.“ Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe vor dem Rücktritt zu keiner Zeit Mängel gerügt.

 

Auffassung der Klägerin (CRM-Softwarevertrag):

Sie ist der Auffassung, bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag handele es sich um einen Software-Lieferungsvertrag eines Standardsoftware-Produktes mit überwiegend kauf- und dienst- sowie teilweise auch werkvertraglichen Elementen. Die Klägerin verlangt die Bezahlung der offenen Rechnungen über 1.190,00 € und 13.094,17 € (Summe: 14.284,17 €).

 

Die Anträge (CRM-Softwarevertrag):

Sie beantragt daher,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 14.284,17 € nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz sowie weitere 572,50 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz, jeweils seit dem 17.01.2014 zu zahlen.

 

 

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

 

Widerklagend beantragt die Beklagte,

die Klägerin zu verurteilen,

an sie 33.573,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seitdem 14.12.2013 an sie zu zahlen,

die Klägerin ferner zu verurteilen,

an die Beklagte vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.239,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Auffassungen und Behauptungen der Beklagten (CRM-Softwarevertrag):

Die Beklagte verlangt nach erklärtem Rücktritt die Rückzahlung der an die Klägerin erbrachten Zahlungen in Höhe von insgesamt 33.573,23 € (25.694,10 € + 7.879,13 €). Sie behauptet, die Klägerin habe die von ihr geschuldete Anpassung der Software an ihre Bedürfnisse nicht umsetzen können. Sie behauptet, es habe sich im September 2013 für sie völlig überraschend herausgestellt, dass nicht die Klägerin die für die Beklagte erforderlichen Anpassungen und Installationen vornehmen würde, sondern eine Firma Software-Partner (namentlich Herr …). Dieser sei nur zu Anpassungen der Anwendungsoberfläche in der Lage gewesen, nicht jedoch zu Programmierungen oder Änderungen des Quellcodes. Die Klägerin habe entgegen den Vereinbarungen über keine Programmierkapazität verfügt. Dies habe sie gegenüber der Beklagten arglistig verschwiegen, da sie habe erkennen müssen, dass diese Programmierkapazität für die Beklagte von überragender Bedeutung war. Ein Kunde könne bei solchen Programmierungen üblicherweise erwarten, dass diese vom beauftragten Softwareunternehmen selbst durchgeführt werden könnten und nicht durch externe Dienstleister erledigt werden müssten. Es habe sich herausgestellt, dass einige von der Beklagten als wesentlich angesehene Anpassungen an der Software aufgrund der Architektur der Software und der eingeschränkten oder überhaupt nicht gegebenen Änderungsmöglichkeiten der Klägerin nicht umzusetzen gewesen seien. So sei die Abfragbarkeit von Datensätzen völlig unzureichend gewesen, da die überwiegende Anzahl der Datenfelder lediglich beschrieben wurde, diese Inhalte aber nicht für Sortierungen verwendet werden konnten. Ferner sei beispielsweise die Suche nach Kardiologen nach einer bestimmten Postleitzahl nicht möglich gewesen und hätte von der Klägerin nicht eingerichtet werden können. Auch sei entgegen der Zusagen der Klägerin eine vollständige Immigration der eingegebenen Daten in mobile Anwendungen nicht möglich gewesen. Hätte die Klägerin der Beklagten von Anfang an mitgeteilt, dass die vorgenannten Defizite in Bezug auf das streitgegenständliche … CRM-System vorhanden seien, hätte sie sich nicht für dieses System entschieden. Die Beklagte behauptet weiter, sie habe die Klägerin mehrfach darauf hingewiesen, dass die Softwarelösung nicht den Vereinbarungen entsprochen hätte. Sie habe dementsprechend die Klägerin aufgefordert, das CRM System nunmehr mit dem vereinbarten Leistungsumfang und der besprochenen Eigenschaft zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte meint, sie sei gemäß §§ 326 Abs. 5, 323 BGB berechtigt gewesen, ohne Fristsetzung zurückzutreten.

Hierzu behauptet sie, die Klägerin habe ihr zuvor mitgeteilt, die Defizite nicht beseitigen zu können. Diese Behauptung hat die Beklagte sodann ‐ nach einer entsprechenden Auflage in der Terminsverfügung ‑ dahin konkretisiert, dass der Zeuge … eingeräumt habe, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, das CRM-System mit dem vereinbarten Leistungsumfang und den besprochenen Eigenschaften/Funktionen zur Verfügung zu stellen und hat zum Beweis dieser Behauptung den Zeugen Haft benannt. Der Zeuge … habe die Defizite der CRM-Software mehrfach mündlich gerügt, um letztlich die gewünschte Leistung zu erhalten. Der Zeuge … habe dann im Oktober 2013 mitgeteilt, dass die Defizite von der Klägerin nicht beseitigt werden könnten, so dass ihr nur der Rücktritt geblieben sei. Der Zeuge … habe die Klägerin zuletzt Mitte November 2013 erfolglos aufgefordert eine CRM-Lösung ohne die vorgenannten Mängel zu erstellen und anderenfalls eine Vertragsbeendigung angedroht. Die Beklagte ist der Auffassung, die Vertragsbeziehungen der Parteien seien nach Werksvertragsrecht zu beurteilen. Die Klägerin beantragt, die Widerklage abzuweisen. Der vermeintliche Mangel der Abfragbarkeit von Datensätzen sei erstmals in der Klageerwiderung gerügt werden. Die Klägerin beruft sich insofern auf § 377 HGB. Es habe nie eine Aufforderung der Beklagten gegeben, ein derartiges Problem zu beheben. Gleiches gelte für die bemängelte Unmöglichkeit der Suche nach Kardiologen mit einer bestimmten Postleitzahl oder einem bestimmten Geburtsdatum sowie hinsichtlich des gerügten Mangels der fehlenden individuellen Pflichtfelder und einer fehlenden vollständigen Immigration der Daten in mobilen Anwendungen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen …, … und … . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.06.2015, Blatt 87 ff. d. A., Bezug genommen.

 

E n t s c h e i d u n q s q r ü n d e  (CRM-Softwarevertrag):

 

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Widerklage hingegen ist unbegründet.

Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

 

1.
Die Klägerin hat einen vertraglichen Anspruch auf die Bezahlung der Rechnungen vom 29.10.2013 und 19.11.2013. Der Anspruch ist nicht ‐ wie die Beklagte meint ‐ durch den von ihr erklärten Rücktritt untergegangen, denn sie hat den Rücktritt vom Vertrag nicht wirksam erklärt.

 

Schwerpunkt Werkvertragsrecht (CRM-Softwarevertrag):

a)

Der Schwerpunkt der vertraglichen Beziehungen liegt auf dem Werkvertragsrecht. Denn die Klägerin schuldete die Anpassung der Software an die Bedürfnisse der Beklagten, mithin nicht nur die physische Übereignung einer Standardsoftware.

 

Grundsätzliche Möglichkeit des Rücktritts (CRM-Softwarevertrag):

b)

Nach § 634 Nr. 3 BGB kann der Besteller grundsätzlich nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 BGB vom Vertrag zurücktreten.

 

Voraussetzungen des Rücktritts (CRM-Softwarevertrag):

c)

Nach § 323 Abs. 1 BGB ist ein Rücktritt vom Vertrag zunächst nur dann möglich, wenn der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt und der Gläubiger dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. An einer solchen Fristsetzung fehlt es. Sie wird von der Beklagten auch nicht behauptet. Insofern kann dahinstehen, ob die gewünschte Leistung überhaupt bereits fällig war, denn die Beklagte trägt auch nicht vor, zu welchem Zeitpunkt die Leistungen der Klägerin nach vertraglichen Abreden hätten vorliegen müssen.

 

Fristsetzung war nicht entbehrlich (CRM-Softwarevertrag):

d)

Die grundsätzlich erforderliche Fristsetzung war vorliegend auch nicht entbehrlich.

 

Keine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung (CRM-Softwarevertrag):

aa)

Nach § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. Die von der Beklagten hierzu aufgestellten und nach Auflage des Gerichtes präzisierten Behauptungen hat die Beklagte nicht bewiesen. Der Zeuge … hat sogar im Gegenteil bekundet, der Zeuge … habe, nachdem ihm Mängel vorgehalten wurden, erklärt, er wolle sich um diese kümmern. Der Zeuge … konnte sich schon nicht an konkrete Mängelrügen erinnern.

Keine sonstigen besonderen Umstände (CRM-Softwarevertrag):

bb)

Letztlich ist eine Fristsetzung auch nicht wegen des Vorliegens besonderer Umstände entbehrlich, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen würden, § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB, etwa, weil grundlegende Vertragspflichten betroffen wären. Soweit die Beklagte die behaupteten Mängel dahin konkretisierte, dass die Kombination bestimmter Kriterien nicht möglich sei, so etwa die Abfrage aller Kardiologen eines bestimmten Postleitzahlengebietes, vermag dies einen solchen Umstand nicht zu begründen. Denn wie der Zeuge … glaubhaft bekundet hat, wäre die Programmierung einer solchen Kombination möglich gewesen, dies auch, ohne Veränderungen am Quellcode vornehmen zu müssen. Auch der Umstand, dass die Klägerin Herrn … ‐ offenbar unstreitig ‐ als Subunternehmer eingesetzt haben mag, begründet einen solchen Umstand nicht. Denn ein Anspruch der Beklagten auf die Unterlassung der Einsetzung eines solchen Subunternehmers lässt sich schon nicht herleiten. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass die Leistungserbringung durch bestimmte Personen vereinbart war. Soweit sie noch behauptet, dass ein Kunde bei den in Rede stehenden Programmierungen üblichem/else erwarten könne, dass diese vom beauftragten Softwareunternehmen selbst durchgeführt werden müssten und nicht durch externe Dienstleister erledigt werden können, so kann dem nicht gefolgt werden. Denn da vorliegend werkvertragliche Leistungen zu erbringen waren, mithin ein Erfolg geschuldet war, geht es nicht um eine höchstpersönliche Leistungserbringung. Selbst wenn die Erbringung durch einen externen Dienstleister „unüblich“ wäre, so folgt daraus nicht, dass die Einschaltung eines Subunternehmers unzulässig wäre. Erst Recht vermag eine solche Leistungserbringung nicht einen Rücktritt ohne vorgängige Fristsetzung oder ‐ hier wohl näherliegend ‐ ohne vorgängige Abmahnung nach § 323 Abs. 3 BGB zu rechtfertigen.

 

Zinsschaden (CRM-Softwarevertrag):

2.

Der Zinsanspruch folgt aus Verzug, §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB.

Die Klägerin hat über ihren Prozessbevollmächtigten die Forderung nochmals mit außergerichtlichem Schreiben vom 05.12.2013 unter Fristsetzung auf den 16.12.2013 angemahnt.

 

Nebenforderung Rechtsanwaltkosten (CRM-Softwarevertrag):

3.
Die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Klägerin hat die Beklagte ebenfalls aus Verzugsgesichtspunkten zu erstatten. Durch den unberechtigten Rücktritt vom 22.11.2013 unter Zurücksendung der streitgegenständlichen Rechnungen zur „Entlastung“ hat die Beklagte sich selbst in Verzug gesetzt. Die nachfolgende Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin beruhte hierauf kausal.

Aus den Ausführungen zu I. 1. folgt zugleich, dass die Widerklage insgesamt unbegründet ist. Denn wegen eines fehlenden wirksamen Rücktrittes muss die Klägerin die empfangenen Leistungen nicht zurückgewähren, § 346 Abs. 1 BGB. Nach alledem war zu erkennen wie geschehen.

 

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.

 

Beglaubigt

Justizbeschäftigte