Sperrzeit Fahrerlaubnis:
Nachstehend geht es um eine alltägliche Situation einer Verurteilung eines alkoholisierten Pkw-Fahrers nach § 316 StGB (Trunkenheit im Verkehr) und der sodann im Zuge dessen zwangsläufig verhängten Sperrzeit für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis gem. § 69 a Abs. 1 StGB, in welchem es heißt: „Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, dass für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.“
Sperrzeit im Strafbefehl:
Es wurde in dem konkreten Strafbefehl festgestellt, dass eine Blutalkoholkonzentration von 1,27 ‰ vorgelegen habe. Dem Angeschuldigten (Angeklagten) wurde eine Sperrfrist von noch 10 Monaten zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis gewährt.
Sperrzeit und Antrag auf Sperrzeitverkürzung nach Rechtskraft des Strafbefehls:
Nach der Rechtskraft des Strafbefehls und der verhängten Sperrzeit besteht die Möglichkeit einer sog. „Sperrzeitverkürzung“ oder „Sperrfristverkürzung“ gem. § 69a Abs. 7 StGB.
Angesichts dessen wurde für den Verurteilten gem. § 69a Abs. 7 StGB beantragt, die Sperrzeit um vier Monate zu verkürzen und auf den 11.03.2015 festzulegen, hilfsweise auf einen Tag, den das Gericht für angemessen hält.
Sperrzeit und Begründung des Antrags auf Sperrzeitverkürzung:
Nach § 69a Abs. 7 StGB kann eine verhängte Sperrfrist verkürzt werden, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 69a Abs. 7 StGB vorliegen.
Danach muss die Sperre bereits mindestens drei Monate bei Antragstellung angedauert haben. Dies war hier der Fall. Die Sperre dauert seit dem 12.09.2014 an. Dies sind zum Datum der Antragstellung bereits vier Monate.
Darüber hinaus war gegen den Verurteilten in den letzten drei Jahren keine weitere Sperrfrist verhängt worden. Der Verurteilte ist im Übrigen Ersttäter. Die Alkoholisierung war im Verhältnis mit 1,27 ‰ nicht so hoch. Derartige Anträge sind bis zu einer Promillegrenze von 1,99 ‰ möglich.
Als weitere Tatbestandsvoraussetzung wird vom Gesetz verlangt, dass neue Tatsachen vorliegen, aufgrund derer die Fahreignung erneut überprüft werden kann und aus denen sich ergibt, dass die im Urteil ausgesprochene Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr fortbesteht. Konkrete Kriterien, die der Überzeugungsbindung des Gerichtes zugrunde zu legen sind, nennt das Gesetz zwar nicht, anerkannt ist jedoch, wenn Verkehrstherapien und Nachschulungen bei Ersttätern vorgenommen worden sind und die Blutalkoholkonzentration sich im Rahmen dessen bewegt, was hier einschlägig ist. So sind speziell für den Zweck einer Sperrzeitverkürzung nach § 69a Abs. 7 StGB Nachschulungskurse nach verschiedenen Modellen anerkannt, insbesondere das Modell „Mainz 77“, „Hamburg 79“, „Freyung“, „Leer“ und auch die sog. „avanti-Programme“ des TÜV Nord. Der Verurteilte hat sich in eine derartige Nachschulung begeben. Insoweit wurde auf eine dem Gericht überreichte Bescheinigung des TÜV Nord vom 08.10.2014 verwiesen. Dort wurde dem Verurteilten eine positive Bescheinigung darüber erteilt, dass er an einer Führerscheinberatung mit Empfehlung an einer Maßnahme zur Förderung der Fahreignung und zur Bestimmung oder Verkürzung der Sperrfrist nach § 69a StGB teilgenommen hatte. Er wurde als positiv motiviert dargestellt und als geeignet, an einer derartigen Maßnahme teilzunehmen. Des Weiteren überreichte der Verurteilte eine Bescheinigung vom 04.01.2015 über die Teilnahme an einer solchen Maßnahme zur Förderung der Fahreignung und zur Vorlage bei Antrag auf Verkürzung oder Bemessung der Führerschein-Sperrfrist im Zusammenhang mit § 69a StGB. Darin wurde dem Verurteilten bescheinigt, dass er von der Programmteilnahme profitiert habe im Sinne einer Entwicklung einer bewussten und vorausschauenden Verhaltenssteuerung sowie der Umsetzung von Verhaltensänderung und konstruktiven Vorsatzhaltungen, so dass aus fachlich diplompsychologischer Sicht von einer erheblichen Verbesserung der Fahreignungsvoraussetzung auszugehen war. Dies waren erhebliche und auch anerkannte Tatsachen, die im Zeitpunkt mit Strafbefehlserlass nicht vorhanden gewesen waren, so dass die entsprechende Sperrzeitverkürzung in Betracht kam. Der Verurteilte hatte auch die entsprechende Einsicht gezeigt. Er ist selbstständig, muss neben einem kleinen Betrieb auch seine Familie versorgen und ist durch die Maßnahme sehr schwer finanziell belastet. Es wird daher gebeten und beantragt, da die übrigen Voraussetzungen alle erfüllt sind, dem Antrag zu entsprechen.
Sperrzeit und Entscheidung des Amtsgerichts über den Antrag auf Sperrzeitverkürzung:
Das Amtsgericht hat diesem Antrag, wie nachstehend zu lesen ist, in kurzer Form stattgegeben. Die Sperrzeit wurde indes nur um zwei Wochen verkürzt, was als unzureichend und unangemessen empfunden wurde, so dass gegen diesen Beschluss Sofortige Beschwerde eingelegt wurde. Das Landgericht Dortmund hat dieser Sofortigen Beschwerde nach Zustimmung der Staatsanwaltschaft abgeholfen und die Sperrzeit um insgesamt 2 Monate auf 8 Monate verkürzt. Diesen Beschluss mit den entsprechenden Ausführungen von RA Reissenberger und den Entscheidungsgründen finden Sie hier.
732 Cs-250 Js 1677/14-759/14
Ausfertigung
Amtsgericht Dortmund
Beschluss
In der Strafsache …, geboren am … in …, Natursteinbearbeiter, wohnhaft … , … Dortmund, … Staatsangehöriger, verheiratet
Verteidiger: Rechtsanwalt Sven Reissenberger, Ostenhellweg 53, 44135 Dortmund
Auf den Antrag des Verurteilten auf Abkürzung der Sperrfrist nach § 69 a Abs. 7 StGB wird nach Anhörung der Staatsanwaltschaft die Sperrfrist um zwei Wochen verkürzt und im Übrigen der Antrag abgewiesen. Nach dem Teilnahmezertifikat hat der Verurteilte am Kurs „Avanti 16“ teilgenommen mit zwei Präsenztagen mit jeweils acht Seminarstunden im Abstand von in der Regel vier Wochen zwischen den Kurstagen. Aufgrund der Bescheinigung vom 4.1.2015 kann davon ausgegangen werden, dass der Verurteilte durch eine Nachschulung eine risikobewusste Einstellung im Straßenverkehr entwickelt und dass aufgrund ordnungsgemäßen Ablaufs des Nachschulungskurses Tatsachen die Annahme rechtfertigen. dass bei dem Verurteilten eine Haltungsänderung eingetreten ist. Ein Kursumfang von zweimal 8 Stunden rechtfertigt zur Überzeugung des Gerichts lediglich die nachträgliche Abänderung der Sperrfrist von zwei Wochen. Im übrigen besteht weiterhin ein Schutzbedürfnis der Allgemeinheit. Wirtschaftliche Nachteile sind selbstverschuldet und müssen als typische Folge einer Entziehung der Fahrerlaubnis von dem Antragsteller in Kauf genommen werden.
Dortmund, 28.01.2015
Amtsgericht
…
Richterin am Amtsgericht