Regress in der Kraftfahrthaftpflicht-Versicherung:
Ein Regress der Kraftfahrthaftpflichtversicherung wird von der Versicherung häufig gegen den Versicherungsnehmer nach einem Unfall versucht, wenn sich der Versicherungsnehmer (VN) oder Fahrer nach dem Unfall nicht schnell genug bei der Versicherung gemeldet und dadurch gegen Obliegenheiten verstoßen hat. Dieser Regress-Versuch der KH-Versicherung dürfte in der Regel, wenn die Sache einem mit Versicherungsrecht vertrautem Anwalt übergeben wird, fehlschlagen, da die Versicherung häufig nicht beweisen können wird, dass die meistens tatsächlich vorliegende Obliegenheitsverletzung -hier Verstummung der rechtzeitigen Abgabe einer Schadensanzeige- des VN für die Zahlung der Versicherung ursächlich wurde. Der Regress kann daher regelmäßig abgewendet werden. Von einem solchen fehlgeschlagenen Regress-Versuch handelt der nachstehende Fall vor dem Amtsgericht Lünen. Es ist also in einem solchen Falle dringend anzuraten, einen Rechtsanwalt einzuschalten.
Urteil des Amtsgericht Lünen zum Regress in der Kraftfahrthaftpflichtversicherung:
Abschift
8 C 665/14
Verkündet am 10.02.2015
…, Justizbeschäftigter
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Amtsgericht Lünen
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
der … Versicherung AG, ges. vertr. d. d. Vorstand …, …,
Klägerin,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …,
g e g e n
Herrn … Lünen,
Beklagten,
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Sven Reissenberger, Ostenhellweg 53, 44135 Dortmund,
hat das Amtsgericht Lünen
auf die mündliche Verhandlung vom 10.02.2015
durch den Richter …
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckbaren Betrages leistet.
Tatbestand (zum Regress in der Kraftfahrthaftpflichtversicherung):
Die Klägerin nimmt den Beklagten aufgrund eines von ihr regulierten Haftpflichtschadens in Regress.
Der Beklagte ist Taxiunternehmer und Halter des bei der Klägerin kraftfahrzeugversicherten PkW VW Touran mit dem amtlichen Kennzeichen DO-… … .
Am 13.02.2014 überfuhr der Fahrer des Beklagten, Herr … auf der Hülshofstrasse in Höhe des …-Markts seine Fahrstreifenbegrenzung und kollidierte mit dem PkW VW Golf, amtliches Kennzeichen DO-… …, des in entgegengesetzter Fahrtrichtung fahrenden Herrn … .
Mit anwaltlichem Schreiben vom 26.02.2014 machte Herr … gegenüber der Klägerin Schadensersatzansprüche geltend. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Rechtsanwälte …, Anlage K 1 zur Klageschrift vom 27.10.2014, Bezug genommen. Nachdem die Klägerin den Beklagten mehrfach, zuletzt mit Schreiben vom 07.04.2014, zur Abgabe einer Schadensanzeige aufforderte, zahlte sie zur Regulierung des Unfallschadens an den Unfallgegner 3.455,88 Euro. Nachfolgend nahm die Klägerin den Beklagten in Regress.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 02.07.2014 forderte sie den Beklagten zur Zahlung des auf ihn entfallenden Haftungsanteils in Höhe von 2.500,00 Euro auf. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf die Anlagen K8 ‐ K12 zur Klageschrift vewviesen. Die Klägerin meint, der Beklagte habe seine aus Ziff. E. 1.1, E. 1.3, E. 6.1 AKB folgende Pflicht zur Schadensanzeige verletzt. Hierzu behauptet sie, er habe ihr gegenüber keinerlei Schadensmeldung abgegeben. Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.500 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2014 zu bezahlen; den Beklagten zur verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 179,27 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.09.2014 zu bezahlen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, er habe der Klägerin bereits unter dem 20.02.2014 per Fax eine Schadensmeldung übersandt. Im Übrigen vertritt er die Auffassung, dass der Klägerin kein Schaden entstanden sei, da sie aufgrund der eindeutigen Haftungslage ohnehin zur Leistung gegenüber dem Unfallgegner verpflichtet gewesen sei.
Entscheidungsgründe (zum Regress in der Kraftfahrthaftpflichtversicherung):
Die Klage ist unbegründet.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Regressanspruch aus § 116 I 2 VVG i. V. m. Ziff. E. 1.1, E 1.3, E. 6.1, E. 6.2 AKB bzw. § 280 I BGB zu.
Der Klägerin ist ungeachtet der Frage, ob der Beklagte seine Pflicht zur Schadensanzeige verletzt hat, kein kausaler Nachteil durch die unterlassene Mitwirkung an der Schadensaufklärung entstanden. Die Klägerin war bereits aufgrund der einseitigen Sachverhaltsdarstellung des Unfallgegners in vollem Umfang zur Leistung verpflichtet. Dass der Beklagte den Schaden nicht angezeigt hat, ändert hieran nichts. Der Unfallhergang ist zwischen den Parteien unstreitig geblieben. Die Haftungslage ist eindeutig. Hätte der Beklagte die Klägerin über den Schadensfall informiert, wäre die Klägerin gleichwohl umfassend zur Leistung verpflichtet geblieben. Da der Klägerin kein Regressanspruch zusteht, war die Klage auch hinsichtlich der Zinsforderung und der beanspruchten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung:
…