Die Zustimmung des getrennt lebenden Ehegatten zur gemeinsamen Veranlagung zur Einkommensteuer wird häufig als ein Ausfluss der nachehelichen Treuepflicht auch nach der Trennung oder sogar der Scheidung angesehen.
Zustimmung des getrennt lebenden Ehegatten zur gemeinsamen Veranlagung zur Einkommensteuer:
Die Zustimmung des getrennt lebenden Ehegatten zur gemeinsamen Veranlagung zur Einkommensteuer ist nach der ständigen Rechtsprechung der BGH, Urteil vom 23. 5. 2007 – XII ZR 250/04; LG Hannover (lexetius.com/2007,1363), an sich geklärt, d. h. die Zustimmung des Ehegatten mit der schlechteren Steuerklasse hat zu erfolgen, wenn ihm durch die Erteilung der Zustimmung keine Nachteile entstehen bzw. der begünstigte Ehegatte diese übernimmt oder den zustimmenden Ehegatten freistellt.
Die Zustimmung des getrennt lebenden Ehegatten zur gemeinsamen Veranlagung zur Einkommensteuer im amtsgerichtlichen Prozess:
Folgender Antrag wurde beim Amtsgericht Menden gestellt:
…
Betreff:
„-wegen Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung zur Einkommenssteuer für die Jahre 2011 und 2012-
- Der Antragstellerin wird Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts Sven Reissenberger bewilligt.
- Der Antragsgegner wird verpflichtet, der gemeinsamen Veranlagung zur Einkommenssteuer für die Kalenderjahre 2011 und 2012 gem. § 26 b Einkommenssteuergesetz zuzustimmen.
- Dem Antragsgegner wird der Beschluss zugestellt und die Zustellung auf dem Beschluss vermerkt.
- Der Antragstellerin wird eine vollstreckbare Ausfertigung nach § 86 Abs. 3 FamFG erteilt, auf der sowohl die Vollstreckungsklausel als auch die Zustellung an den Antragsgegner vermerkt ist.
Begründung:
Zur Begründung des Verfahrenskostenhilfeantrags beziehe ich mich auf die beigefügten Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsstellerin.
Die am … geborene Antragsstellerin und der am … geborene Antragsgegner sind seit Februar 2010 miteinander verheiratet. Seit dem … leben sie dauerhaft getrennt. Nach der Trennung ist die Antragsstellerin aus der gemeinsamen ehelichen Wohnung ausgezogen, seit dem … lebt sie in der Wohnung ihrer Mutter. In der gemeinsamen Ehezeit haben die Beteiligten das Einkommen der Antragsstellerin, die Alleinverdienerin war, im Rahmen des familiären Unterhalts gemeinsam verbraucht. Als sich die Antragsstellerin wegen der Erstellung der Steuererklärungen für die Kalenderjahre 2011 und 2012 mit ihrem Steuerberater in Verbindung setzte, erklärte dieser, dass die Anträge von beiden Ehepartnern unterschrieben werden sollten, damit die gemeinsame Veranlagung durchgeführt werden kann, was für die Antragstellerin, die alleine Steuern zahlte, vorteilhaft ist. Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.11.2013 wurde daraufhin der Antragsgegner vergeblich aufgefordert, seine Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung zur Einkommenssteuer zu erklären und die ihm übersandten und von der Antragstellerin bereits unterschriebenen Hauptvordrucke binnen einer Frist von 3 Wochen ab Datum des Schreibens zu unterzeichnen und zurückzusenden. Es ist höchstrichterlich anerkannt, dass der Noch-Ehegatte einer gemeinsamen Steuererklärung zuzustimmen hat, da er zur nachehelichen Treue und Rücksicht trotz der Scheidung verpflichtet ist. Sollten noch weitere Darlegungen oder Beweisantritte erforderlich werden, so wird höflich um einen entsprechenden Hinweis gebeten.“
Die Zustimmung des getrennt lebenden Ehegatten zur gemeinsamen Veranlagung zur Einkommensteuer – Vergleich vor dem AG Menden-
Es wurde folgender Vergleich aus Gründen der Streitbeilegung geschlossen, der den obigen Anträgen auf Erteilung der Zustimmung entsprach:
Nichtöffentliche Sitzung
des Amtsgerichts -Familiengericht‐
Familiengericht Geschäfts-Nr.: 15 F 55/14
Gegenwärtig:
Richter am Amtsgericht …
Menden (Sauerland),
14.08.2014
Ausfertigung
– Ohne Protokollführer gemäß §§ 160a ZPO, 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG
– Protokoll wurde vorläufig auf Tonträger aufgezeichnet. ‐
In der Familiensache
der Frau … Menden,
Antragstellerin,
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Sven Reissenberger, Ostenhellweg 53, 44135 Dortmund,
gegen
Herrn … Menden,
Antragsgegner,
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt … Menden,
erschienen bei Aufruf:
für die Antragstellerseite Herr Rechtsanwalt Reissenberger
sowie für die Antragsgegnernseite Herr Rechtsanwalt … .
Die Sach- und Rechtslage wurde anschließend erörtert.
Rechtsanwalt Reissenberger stellte sodann zunächst den Antrag aus der Antragsschrift vom 27.01.2014, Bl. 1/2 der Akten.
Rechtsanwalt … verwies auf seinen Antrag aus dem Schriftsatz vom 14.03.2014, BI. 11 der Akten.
Die Verfahrensbevollmächtigten schlossen sodann folgenden
V e r g l e i c h :
I.
Der Antragsgegner verpflichtet sich, der gemeinsamen Veranlagung zur Einkommensteuer für die Kalenderjahre 2011 und 2012 gemäß § 26 b Einkommensteuergesetz zuzustimmen, soweit dies noch nicht zwischenzeitlich geschehen ist, mit der Maßgabe, dass Zug um Zug die Antragstellerseite sich verpflichtet, den Antragsgegner von direkten steuerlichen Nachteilen, die sich aus der gemeinsamen Veranlagung ergeben, freizustellen.
II.
Mit dieser Verpflichtung des Antragsgegners ist der Rechtsstreit erledigt.
III.
Die Kosten des Verfahrens sowie des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.
IV.
Verfahrenswert und Vergleichswert werden auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Vorgespielt und genehmigt.
Rechtsanwalt Reissenberger erklärte sodann zu Protokoll:
Ich erkläre hiermit namens meiner Mandantschaft, dass diese den Antragsgegner der gemeinsamen Veranlagung für die Einkommensteuer für die Kalenderjahre 2011 und 2012 von etwaigen steuerlichen Nachteilen, die sich aus der gemeinsamen Veranlagung ergeben, freistellt.
Laut diktiert und genehmigt.
Im Weiteren beschlossen und verkündet:
Es wird klargestellt, dass sich die gewährten Verfahrenskostenhilfebewilligungen auch auf den Abschluss eines Vergleiches erstrecken.
…